Pflegegeld wird ab 2020 jährlich im Wert angepasst
Das Pflegegeld soll ab dem kommenden Jahr jährlich valorisiert werden. Die Geldleistung wurde bisher nur sporadisch erhöht und hat seit seiner Einführung im Jahr 1993 laut Experten in Summe rund 35 Prozent an Wert verloren. Künftig soll sich die Erhöhung am Pensions-Anpassungsfaktor orientieren, was für heuer ein Plus von 2 Prozent bedeutet hätte. Der Beschluss im Finanzausschuss fiel einstimmig.
Erstmals greifen soll die Erhöhung mit 1. Jänner 2020. Die Valorisierung soll in allen Pflegegeldstufen erfolgen - entgegen den ursprünglichen Plänen der türkis-blauen Koalition, die eine Anhebung lediglich ab der vierten Pflegestufe geplant hatte.
Eingebracht wurde der entsprechende Antrag von der Liste JETZT. Im Finanzausschuss erfolgte mittels eines Abänderungsantrages noch eine Adaptierung: Diese sieht vor, dass sich die jährliche Erhöhung am Pensionsanpassungsfaktor orientiert. Die Kosten für die Anpassung wurde im Ausschuss mit rund 50 Mio. Euro jährlich beziffert. Die noch ausständige Abstimmung über den Antrag im Nationalrats-Plenum soll dann noch vor der Sommerpause im Juli erfolgen.
JETZT-Klubchef Bruno Rossmann sprach nach dem Ausschuss-Beschluss von einer „überfälligen Maßnahme“. Damit bleibe dem Pflegegeld künftig der Wertverlust durch die Inflation erspart. „Erst das freie Spiel der Kräfte hat diesen Erfolg möglich gemacht“, sagte er.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sah einen „wichtigen und notwendigen Schritt“ zur Unterstützung der betroffenen Familien und eine langjährige Forderung der SPÖ erfüllt. Auch der designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer äußerte sich erfreut: „Heute ist ein guter Tag für die pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörige in Österreich“, sagte er - und sah ebenfalls eine „jahrelang vehement“ vorgetragene Forderung seiner Partei umgesetzt.
Auch Diakonie und Seniorenbund begrüßten die geplante Valorisierung. Als nächster Schritt müssten Pflege und Betreuung neu gedacht werden, verlangte Diakonie-Direktorin Katharina Moser in einer Aussendung. Es brauche „leistbare und ausreichende Angebote“ für Pflegebedürftige. ÖVP-Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec sah in der Wertanpassung ein „wichtiges Signal der Wertschätzung“. Die Erhöhung auch auf den Stufen 1 bis 3, wie lange vom Seniorenbund gefordert, trage auch zur Prävention weiterer Pflegebedürftigkeit bei. Die Volkshilfe befürwortete die Wertanpassung ebenfalls und forderte im gleichen Atemzug eine „solidarische“ Pflegefinanzierung, was auch eine Besteuerung von Vermögen und eine Erbschafts- und Schenkungssteuer beinhalte.
Weiterhin Kritik gab es an dem von ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Montag präsentierten Pflege-Konzept der ÖVP. SPÖ-Chefin Rendi-Wagner stellte das bereits letztes Jahr präsentierte SPÖ-Konzept als Gegenmodell dar, dieses würde „Pflegesicherheit“ produzieren. Zum ÖVP-Konzept sagte sie, dieses reiße viele wichtige Themen an, „allerdings beschränkt sich das Konzept auf Überschriften und Luftblasen. Wenn man genauer hinschaut, dann gefährdet dieser ÖVP-Vorschlag, der ein Konstrukt mit der AUVA vorsieht, aus meiner Sicht die Unfallversorgung in Österreich und würde (...) zur Schließung einiger Unfallkrankenhäuser führen“ - gleiches gelte für Rehabilitationseinrichtungen der AUVA.
Leichte Skepsis zum Plan, die Pflegefinanzierung über die Unfallversicherung abzuwickeln, kam am Dienstag von Hauptverbands-Vorsitzenden Alexander Biach. Er hält eine Pflegesozialversicherung zwar für sinnvoll, würde diese aber bei der Pensionsversicherung (PVA) ansiedeln. Dort verweist man darauf, dass schon jetzt 330.000 Pflegegeldfälle von der Pensionsversicherung betreut werden. PVA-Generaldirektor Winfried Pinggera betonte, dass von seiner Einrichtung schon jetzt etwa 50 Prozent der Erstanträge auf Pflegegeld betreut werden.
Neben der künftig jährlichen Erhöhung des Pflegegeldes beschloss der Finanzausschuss des Nationalrats am Dienstag auch eine Reform der Transparenzdatenbank. Demnach müssen Förderungen künftig bereits bei Gewährung gemeldet werden und nicht erst bei ihrer Auszahlung. Die türkis-blaue Regierung hatte die Änderungen kurz vor ihrem Scheitern im Mai noch ins Parlament geschickt.
Die Bundesländer haben sich im Finanzausgleich 2017 verpflichtet, ihre gewährten Förderungen im Bereich Energie und Umwelt zu melden. Mehrere Bundesländer haben angekündigt, freiwillig weitere Förderungen einzuspeisen. Wie Finanzminister Eduard Müller im Ausschuss sagte, haben das Oberösterreich, Niederösterreich, Vorarlberg und Tirol bereits getan. Bei Salzburg und der Steiermark sei er zuversichtlich. Wien, Kärnten und das Burgenland müssten erst überzeugt werden, so Müller laut Parlamentskorrespondenz.
Neu ist jedenfalls, dass Förderungen ab 2020 früher (nämlich schon bei ihrer Gewährung) eingemeldet werden müssen. Außerdem soll der jeweilige Bearbeitungsstand eines Förderantrages erfasst und dem Förderwerber angezeigt werden. Das Finanzministerium kann die Daten künftig auch verwenden, um die Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes zu überprüfen. Mit der Novelle wird zudem die Strafdrohung bei unberechtigten Abfragen deutlich angehoben, und zwar von 20.000 Euro auf 50.000 Euro.
Weiters darf der Finanzminister die gespeicherten Daten künftig zu bestimmten Zwecken verarbeiten und in anonymisierter Form an Dritte übermitteln. Die SPÖ forderte im Finanzausschuss, den gleichberechtigten Zugang der Forschungsinstitute sicherzustellen und kündigte laut Parlamentskorrespondenz einen Abänderungsantrag im Plenum an. Die ÖVP zeigte sich diesbezüglich gesprächsbereit. Im Ausschuss stimmte die SPÖ vorerst gegen die Novelle.