Kutscher in Kufstein: Keine Konkurrenz — mehr Tierwohl
Eine Verordnung, dass Fiaker-Pferde ab 32 Grad Celsius hitzefrei bekommen, hat die Stadt Kufstein nicht. Allerdings gibt es hier auch nur einen einzigen Kutscher. Der fehlende Wettbewerb macht den großen Unterschied.
Von Jasmine Hrdina
Kufstein –„Pferdekutscheeee!“, alarmiert ein Mädchen, das den Rössern nicht einmal bis zu den Knien reicht, ihre Kindergartenfreunde, und prompt reihen sich alle wie auf einer Hühnerleiter entlang des Zauns, um einen Blick auf das Kutschgespann erhaschen zu können. Nicht nur bei den Kindergartenkindern ist Peter Stegmayr mit seinem Zweiergespann beliebt, gegrüßt wird er an allen Ecken der Festungsstadt. Kein Wunder, ist er doch seit 24 Jahren Kufsteins einziger Kutscher. Genau dieser Umstand sei es wohl, warum es in Kufstein – anders als in Innsbruck (die TT berichtete), Wien oder Salzburg keine Verordnung von der Gemeinde gibt, dass die Pferde ab 32 Grad Celsius hitzefrei bekommen. „Da ich der Einzige bin, gibt es hier keinen Konkurrenzdruck“, erklärt der Schwoicher Landwirt, der die Fahrten nur nebenberuflich anbietet.
Die Gemeinde müsse hier nicht eingreifen, meint BM Martin Krumschnabel. „Es sind seine Tiere, wir gehen davon aus, dass er sowieso Rücksicht auf sie nehmen wird. Ansonsten würden wir aber sicherlich mit ihm reden.“ Bisher sei dies aber nicht notwendig gewesen. Bei extremer Hitze ist auch Stegmayr nicht in Kufstein anzutreffen. „Wenn es so heiß ist, sind ja sowieso keine Leute in der Stadt“, meint der 59-Jährige, der sich selbst aber nicht als „echten Fiaker“ bezeichnet, sondern als „Kutschfahrer“. Dass die Kollegen in Innsbruck nun mit dem Verbot für heiße Sommertage leben müssen, sieht er durchaus kritisch. „Viele leben von den Fahrten und haben noch dazu Angestellte, die man trotzdem bezahlen muss.“
Das Thermometer erreichte gestern noch vor Mittag die 30-Grad-Marke. Die Norikerdamen Larissa und Gibsi „parkt“ Stegmayr am Unteren Stadtplatz im Schatten eines Baumes. Kutschfahrten gebe es an Sommertagen nur vormittags. Bohrt man nach, wird allerdings klar: Die Hitze allein ist dafür nicht verantwortlich. „Ich bin Landwirt und habe viel zu tun. Wenn es so heiß ist, muss ich das Heu auf den Feldern einholen.“
In Innsbruck würde der Kutscher das Gewerbe nicht ausführen wollen. „Die vielen Autos und Straßenbahnen, und dann noch um Schattenplätze kämpfen – das wäre nichts für mich.“ In manchen Orten stünden Fiakergespanne stundenlang in der Sonne. „Das wirft natürlich kein gutes Licht auf die Branche.“
In Kufstein hätte er allerdings ideale Voraussetzungen. Bei seiner „Fahrt ins Grüne“ geht es für die Norikerdamen über Pflastersteine, Straßen und Schotterwege entlang der Innpromenade vorbei am Blaulichtzentrum ins Villenviertel und über den Motorikpark und das Gericht wieder zurück. Viele Wege führen durch schattige Wälder. Am Ende jeder Tour werden die Pferde mit frischem Wasser aus dem Brunnen am Unteren Stadtplatz getränkt.
Bald geht Stegmayr in Pension. Ob es die Kutschfahrten durch die Festungsstadt dann noch geben wird, will er noch offenlassen.