Transitstreit: Scheuer zeigt Platter die kalte Schulter
Der deutsche Verkehrsminister will über die Korridormaut nicht diskutieren, sondern fordert ein Entgegenkommen aus Tirol. LH Günther Platter widerspricht.
Innsbruck, Rosenheim –Festgefahren und einzementiert. Das sind derzeit die Positionen im Transitstreit zwischen Deutschland und Tirol. Dort die Klagedrohung, hier das Pochen auf Verhandlungen über eine längst fällige Lkw-Korridormaut. Die EU-Kommission will vermitteln – ein wohl schwieriges Unterfangen, wie der gestrige Tag erneut unter Beweis stellte.
Die Vorstellung der Trassenvarianten für die nördlichen Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel (BBT) in Rosenheim (siehe Lokalteil) nutzte der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gestern für einen erneuten Angriff auf die Tiroler Verkehrspolitik. Tirol verpachte „jeden Quadratmillimeter“ ans Gewerbe, habe den günstigsten Dieselpreis für Lkw und Österreich klage – erfolgreich – gegen die deutschen Pkw-Mautpläne: „Da bin ich ganz weit entfernt davon, eine Sondermaut zu machen“, erteilte Scheuer der Tiroler Forderung nach einer Lkw-Korridormaut zwischen München/Rosenheim und Verona eine klare Absage.
Vielmehr fordert er Österreich auf, die Vignettenbefreiung bis Kufstein-Süd zu reaktivieren. Erst das habe den Pkw-Verkehr in die Dörfer getrieben. Der Stau durch die Lkw-Blockabfertigungen sei ungleich länger als jener durch die deutschen Grenzkontrollen. Detail am Rande: Gestern wurde von der deutschen Bundespolizei zeitweise gar nicht kontrolliert.
Zugleich fordert Scheuer Tirol auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das werde schwierig, ließ LH Günther Platter (VP) durchblicken, wo doch „Scheuer bisher noch nie an einem Verhandlungstisch Platz genommen hat“. Die Deutschen sollten sich über die Tiroler Selbsthilfe in Sachen Verkehr nicht wundern, wirft Platter Scheuer mangelndes Interesse an Verbesserungen für die transitgeplagte Tiroler Bevölkerung vor. Und verwies auf den massiven Verzug beim Bau der deutschen BBT-Bahnzulaufstrecken.
Auch LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) bewertete gestern die Stimmung in Rosenheim als „geladen“. Sie traf – neben Scheuer – gestern auch den bayerischen Verkehrsminster Hans Reichhart, um mit ihm ein Treffen am 22. Juli vorzubesprechen. Dort werde es um Korridormaut, Ausweichverkehr und Öffis gehen.
Indes wurde gestern beim BBT mit „Pfons-Brenner“ das größte Tunnel-Baulos auf heimischem Gebiet angeschlagen. BBT-Vorstand Konrad Bergmeister bezeichnete es als „Herzstück“. Es umfasst 52 Kilometer und ist mit 966 Mio. Euro dotiert. Eine rechtliche Auseinandersetzung war dem vorausgegangen, die TT berichtete. Damit sind rund 80 Prozent aller BBT-Bauarbeiten vergeben. Ende 2028 soll der BBT in Betrieb genommen werden.
Nach einer Aussprache mit dem Land zum sektoralen Fahrverbot sind für Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser offene Fragen geklärt. Man habe erreicht, dass den heimischen Betrieben keine Nachteile entstünden. Im regionalen Ziel- und Quellverkehr seien vorerst auch niedere Euro-Klassen als „6d“ erlaubt. (mami, wo)