EU-Gipfel bisher ohne Lösung bei Suche nach Topjobs
Der EU-Sondergipfel hat bis Montagmittag keine Lösung bei der Suche nach dem neuen Spitzenpersonal für die Europäische Union gebracht und ist vertagt worden. Trotz intensivsten Verhandlungen auf allen Ebenen gab es noch kein Happy End. Der Gipfel wird am Dienstag um 11.00 Uhr fortgesetzt.
Die 28 EU-Staats- und Regierungschefs hatten während der ganzen Nacht über die künftige Führung der Europäischen Union verhandelt. Zuletzt hatte es am Montag nach einer Annäherung ausgesehen. Der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans wurde am Montag weiter als Favorit für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten gehandelt, wie Diplomaten in Brüssel sagten. CSU-Vize Manfred Weber könnte demnach EU-Parlamentspräsident werden.
Doch gab es offenbar Schwierigkeiten, alle Spitzenämter im Einvernehmen zu besetzen. Bisher ist es nicht zu einer Abstimmung über Namen gekommen. Dies teilte der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel nach Unterbrechung der Sitzung mit. Der liberale Politiker sagte, die Europäische Volkspartei (EVP) sei nicht geeint gewesen. Er persönlich können mit den Kandidaten Timmermans, Margrethe Vestager und Weber leben. Timmermans war zuletzt als nächster EU-Kommissionspräsident vorgesehen, Vestager als EU-Außenbeauftragte und Weber als EU-Parlamentschef.
Beim Gipfel wurden die bulgarische Weltbank-Vertreterin und frühere EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa für das Amt der EU-Ratspräsidentin sowie der belgische Regierungschef Charles Michel für den Posten des EU-Außenbeauftragten genannt. Laut Angaben des bulgarischen Premiers Boyko Borissow ist nun aber seine Landsfrau Georgiewa als mögliche neue EU-Ratspräsidenten wieder aus dem Rennen.
Die Suche nach einem neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) stand diesen Angaben zufolge nicht im Fokus und könnte vertagt werden.
Vorrangig ging es um die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. EU-Ratschef Donald Tusk unterbrach den Gipfel dabei am Sonntagabend um 23.00 Uhr und führte während der ganzen Nacht Einzelgespräche mit den 28 Staats- und Regierungschefs. Erst am Morgen kamen sie wieder in großer Runde zusammen.
Die Verhandlungslage war vertrackt. Weber war Spitzenkandidat der EVP, die bei der Wahl wieder stärkste Fraktion im Europaparlament wurde. Das Ergebnis war allerdings nicht berauschend. Timmermans führte die Sozialdemokraten auf Platz zwei. Weber beanspruchte daher die Juncker-Nachfolge für sich. Er stieß im Rat der Staats- und Regierungschefs auf Widerstand, auch im EU-Parlament bekam er keine Mehrheit für seine Wahl zusammen.
Am Rande des G-20-Gipfels in Japan führte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dann am Wochenende Vorgespräche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie den Regierungschefs der Niederlande, Mark Rutte, und Spaniens, Pedro Sánchez, und bahnte einen Kompromiss an.
Demnach war ein Sozialdemokrat als Kommissionschef vorgesehen. Im Kreis der konservativen Regierungschefs bekam Merkel am Sonntag dann allerdings heftig Gegenwind vor allem innerhalb der EVP-Gruppe. Darauf folgte der schier endlose Verhandlungsmarathon.
Für den Posten des Kommissionspräsidenten muss beim Gipfel eine Einigung gefunden werden, die von mindestens 21 Staaten mitgetragen wird, die 65 Prozent der Bevölkerung der EU repräsentieren.
Merkel hofft nach der Unterbrechung allerdings doch noch auf eine Einigung über das Gesamtpaket. Allerdings reiche dafür nicht eine Mehrheit von „65,01 Prozent der Bevölkerung und von 21 Ländern“. Dies wäre „kein zufriedenstellendes Ergebnis“. Allerdings stelle sich die Frage, ob eine Einstimmigkeit erzielt werden können. Jedenfalls müsse man sich um Einigkeit bemühen, damit nicht „über Jahre hinaus unüberbrückbare Spannungen“ entstünden. Merkel unterstrich, dass „wir pfleglich miteinander umgehen“ sollten. Aber es „dauert manchmal“, zu einer Lösung zu kommen. Man sollte nicht jetzt etwas übers Knie brechen und dann fünf Jahre unüberwindbare Spannungen im Rat haben.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich zuversichtlich gezeigt, dass es am Dienstag zu einer Lösung im Brüsseler Postenschacher kommt. „Die nächsten Stunden werden eine Bewegung bringen, die bisher nicht möglich waren“, sagte Macron nach Unterbrechung des EU-Gipfels am Montag.
Skeptisch über eine Einigung auf das Personalpaket zeigte sich hingegen der niederländische Präsident Mark Rutte. Er erklärte, man sei am Montag einer Lösung schon nahe gewesen, er sei jetzt unsicher, dass es am Dienstag eine Einigung geben werde.