EU/Vietnam-Abkommen: Lob aus der Wirtschaft, AK übt Kritik
Die Industriellenvereinigung und das Wirtschaftsministerium erwarten eine positive wirtschaftliche Entwicklung. Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein sieht die Arbeitnehmerrechte in Vietnam nicht garantiert.
Wien – Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftsministerium zeigen sich erfreut über das am Sonntag unterzeichnete Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam. Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein äußert hingegen Kritik. Das Handelsvolumen zwischen Österreich und Vietnam wächst seit einigen Jahren rasch an.
Das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam sei ein wesentlicher Schritt um österreichischen und europäischen Unternehmen den Zugang zum rasant wachsenden vietnamesischen Markt und anderen wichtigen Zukunftsmärkten der ASEAN-Region zu ermöglichen, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Mit der Unterzeichnung des Abkommens setze die EU „einen wichtigen Schritt, um die internationale Handelsordnung aktiv mitzugestalten“ - das sichere und schaffe langfristig Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze in Österreich und Europa.
Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl sieht eine aktive europäische Handels- und Investitionspolitik als wichtigen Motor für die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs und der EU. Außerdem lege das Abkommen höchste Standards in den Bereichen Arbeit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz fest. Wie bereits berichtet hat die Wirtschaftskammer das Abkommen gestern begrüßt.
Kritik an Arbeitnehmerschutz und Streitbeilegung
Für Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein sind die Versuche der EU, die vietnamesische Regierung in die Pflicht zu nehmen, nicht ausreichend. Er sieht die Rechte vietnamesischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie Vereinigungsfreiheit, Kollektivverhandlungen oder Schutz vor Zwangsarbeit durch das Abkommen nicht garantiert. Vietnamesische Löhne seien extrem niedrig, die Arbeitsbedingungen schlecht. Ohne die Zulassung freier Gewerkschaften könnten vietnamesische Arbeitnehmer durch das neue Handelsabkommen zusätzlich von europäischen Unternehmen ausgebeutet werden. Klein fordert als Voraussetzung für Handelsverhandlungen die Ratifikation und Umsetzung der international anerkannten Menschen- und Arbeitsrechte sowie der Umwelt- und Klimaschutzabkommen. Weiters kritisierte Klein das vorgesehene System zur Streitbeilegung zwischen Staaten und Investoren (ISDS), welches es Investoren in bestimmten Fällen erlaubt, Staaten zu verklagen.
Das Handelsvolumen zwischen Österreich und Vietnam ist laut Wirtschaftsministerium zwischen 2008 und 2018 um über 200 Prozent auf rund 1,05 Mrd. Euro gestiegen. 2018 betrugen die heimischen Warenexporte insgesamt 226 Millionen Euro. Im selben Zeitraum importierte Österreich Waren im Wert von 820 Millionen Euro aus Vietnam, so die Wirtschaftskammer. Laut Wirtschaftsministerium gibt es aktuell knapp 40 österreichische Unternehmen mit Niederlassungen in Vietnam. (APA)