Englands Trainer Neville sagte US-Kickerinnen den Kampf an

Phil Neville leidet nicht unter mangelndem Selbstbewusstsein. Vor dem WM-Halbfinale am Dienstag (21.00 Uhr) in Lyon gegen Weltmeister USA mit Ausnahmespielerin Megan Rapinoe schlug der Teamchef von Englands Fußball-Frauen forsche Töne an. „Ich will kein Spiel, in dem sich beide Teams neutralisieren. Wir werden es mit beiden Händen, beiden Füßen und dem ganzen Körper anpacken“, versprach er.

Vor vier Jahren in Kanada erreichten die „Lionesses“ zum ersten Mal die Vorschlussrunde, unterlagen jedoch dem späteren Vizeweltmeister Japan mit 1:2 und beendeten nach dem 1:0-Sieg gegen Deutschland die WM mit Bronze. Nun soll es noch eine Runde weitergehen, was die große Euphorie im Mutterland des Fußballs noch steigern dürfte. Das Viertelfinale gegen Norwegen verfolgten in der Heimat 7,6 Millionen Fans vor dem Fernseher. Gegen die USA soll die Zehn-Millionen-Marke geknackt werden.

Englands Fußballerinnen erfreuen sich auf der Insel immer größerer Beliebtheit, auch wenn ein Titel bei Europa- und Weltmeisterschaften oder Olympia bisher ausblieb. Nun scheint die Zeit nach einigen vergeblichen Anläufen reif. Und schließlich ist England in zwei Jahren zum zweiten Mal nach 2005 EM-Gastgeber.

Der Coach bemüht sich, den Druck für sein Team zu minimieren. Bisher gelang das überragend. Die Engländerinnen gewannen in Frankreich all ihre fünf Partien und kassierten - ausgerechnet zum Gruppenstart gegen Schottland - nur ein Gegentor. Im Achtelfinale deklassierten sie Kamerun mit 3:0 ebenso deutlich wie im Viertelfinale die hoch eingeschätzten Norwegerinnen. Seit 371 Minuten ist Nevilles Team nun schon ohne Gegentor.

„Wir haben den Spielerinnen gesagt, dass es nichts zu verlieren gibt. Ich will, dass sie frei im Kopf sind und mit einem Lächeln auf ihren Gesichtern ins Spiel gehen. Sie sollen rausgehen und Spaß haben“, betonte der Ex-Internationale. Steph Houghton, die 31-jährige Kapitänin und Abwehrchefin, ist in England ein Star und verpasste bisher keine Minute. „Wir haben gezeigt, dass wir mit jedem Team mithalten können“, betonte Houghton. Gegen Rekordweltmeister USA werde es besonders auf die physische Stärke ankommen. „Damit können wir gewinnen und haben in den letzten vier, fünf Wochen so trainiert.“

Da auch die Amerikanerinnen eher von ihrer Dynamik und Kraft leben, dürfte es im ausverkauften Stade de Lyon vor fast 60.000 Fans zur Sache gehen. Ein Kampf auf Biegen und Brechen wird erwartet, und die US-Girls um die fünffache Turnier-Torschützin Rapinoe sowie Starstürmerin Alex Morgan werden wieder versuchen, den Gegner in der Anfangsviertelstunde zu überfallen. Bisher gelang dem Team von Jill Ellis in jeder WM-Partie ein Tor in den ersten zwölf Minuten.

Das wiederum beunruhigt Neville nicht: „Wir haben das schnellste Tor des Turniers geschossen, aber es ist wahr, in den ersten 15 Minuten musst du bereit sein. Sie kommen sehr schnell ins Spiel, aber genau das machen wir auch“, tönte der langjährige Manchester-United-Spieler.

Respekt zeigt Neville vor allem, wenn es um Rapinoe geht. So dürfte der mutmaßlich weltbesten Rechtsverteidigerin Lucy Bronze im Duell mit der fast 34-Jährigen eine Schlüsselrolle zukommen. Neville: „Megan ist jemand, den ich sehr bewundere. Ich mag ihre Persönlichkeit, und sie ist eine Weltklasse-Fußballerin. Doch letztlich will jeder den Titelverteidiger schlagen.“ Rapinoe gab sich gelassen und lobte: „Jedes Team bei der WM sollte den Anspruch haben zu gewinnen. Ganz besonders eines der besten Teams des Turniers. England spielt sehr gut und war bisher sehr dominant.“