Hoffen auf Durchbruch im Streit um EU-Spitzenjobs

Österreichs Kanzlerin Brigitte Bierlein und ihre EU-Kollegen wollen am Dienstag einen neuen Versuch unternehmen, den Streit über das neue Spitzenpersonal der Europäischen Union beizulegen. Trotz Marathonberatungen haben sie bisher keine Einigung erzielt. Deshalb hatte EU-Ratschef Donald Tusk den Sondergipfel in Brüssel am Montag vertagt. Zwischenzeitlich hatte es nach einer Annäherung ausgesehen.

Der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans wurde als Favorit für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission gehandelt, wie Diplomaten in Brüssel am Montag sagten. Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, könnte demnach EU-Parlamentspräsident werden. Doch gegen diese Lösung gibt es erhebliche Widerstände.

Die östlichen Visegrad-Staaten sind gegen Timmermans. „Morgen werden wir meiner Einschätzung nach von Neuem beginnen, auch wenn unsere Position aus unserer Sicht sehr klar ist“, sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis beim EU-Gipfel am Montag in Brüssel. Timmermans sei für ihn der „Schöpfer der Migrationsquoten“, erklärte Babis laut der Agentur CTK. „Das ist eine Persönlichkeit, die sich sehr negativ profiliert hat und bestimmte Vorurteile gegenüber unserer Region hat“, kritisierte der Gründer der liberal-populistischen Partei ANO.

Weber selbst besteht bei der Suche nach einem neuen Kommissionspräsidenten auf Einhaltung demokratischer Spielregeln, ist aber auch für einen Kompromiss bereit. Er strecke die Hand aus, obwohl die EVP die Wahl gewonnen habe, sagte er am Montagabend im ZDF heute journal. Dennoch müsse sich das Ergebnis der Europawahl in der Besetzung der Spitzenpositionen Europas spiegeln. „Wir sind zu Kompromissen bereit“, betonte er.

Der Generalsekretär der Europäischen Sozialdemokraten (SPE), Achim Post, rief das Europaparlament auf, den Druck auf die Staats- und Regierungschefs aufrecht zu erhalten und einen der Spitzenkandidaten der Europawahl im Mai durchzusetzen. „Alles andere wäre ein Wortbruch gegenüber dem europäischen Wähler“, sagte er der Rhein-Neckar-Zeitung. „Man kann ja nicht erst Spitzenkandidaten in die Europawahl schicken, um danach zu sagen: „War nicht so gemeint.““

Zudem müssen noch weitere Posten besetzt werden. Gesucht werden außerdem Nachfolger für die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sowie für Ratspräsident Tusk selbst. Herauskommen soll ein ausgewogenes Personalpaket, das Parteizugehörigkeit, Herkunft und Geschlecht berücksichtigt.