Zeichen auf Von der Leyen als Kommissionspräsidentin
Im EU-Postenpoker will Ratspräsident Donald Tusk Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Kommissionspräsidentin vorschlagen. Dies erfuhr die dpa am Dienstag aus Verhandlungskreisen. Der EU-Sondergipfel startete mit fünfstündiger Verspätung um 16.00 Uhr, hieß es in Brüssel. Von der Leyen wäre die erste Frau an der Spitze der EU-Kommission.
Damit würde eindeutig das System der Spitzenkandidaten gekillt, das erst einmal zur Geltung kam. Ursprünglich hätte ja zumindest einer der beiden Spitzenkandidaten - für die EVP der Gewinner Manfred Weber oder für die Sozialdemokraten Frans Timmermans - für die EU-Wahlen Kommissionspräsident werden sollen. Das Europaparlament beharrte auch darauf und drohte andernfalls den Staaten, bei einem anderen Kandidaten nicht zuzustimmen. Das wäre nun mit Von der Leyen der Fall.
Die ursprüngliche Variante vom Montag - Timmermans als Kommissionspräsident und Weber als Parlamentspräsident - wurde vor allem wegen des niederländischen Sozialdemokraten und seiner kritischen Haltung gegenüber Ungarn und Polen in Justizfragen von mehreren osteuropäischen EU-Ländern und auch Italien verworfen.
Abgesehen von der konservativen Politikerin Von der Leyen tauchten im Lauf des Tages weitere neue Namen auf, die Teil des Personalpakets sein sollen. Nach Angaben von Diplomaten sei der liberale belgische Ministerpräsident Charles Michel für den Posten des EU-Ratspräsidenten vorgesehen. Als Anwärter für den EU-Außenbeauftragten zirkulierten zuletzt die beiden Sozialisten Josep Borrell und Maros Sefcovic. Der Slowake Sefcovic hat aktuell die Funktion eines EU-Vizekommissionspräsidenten inne, Borrell ist derzeit spanischer Außenminister. Er wurde am Dienstagnachmittag neben EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber auch als Parlamentspräsident gehandelt. Die aus Frankreich stammende IWF-Chefin Christine Lagarde soll die Führung der EZB übernehmen.
Damit wären zumindest zwei Frauen unter den fünf EU-Spitzenpositionen. Österreichs Kanzlerin Brigitte Bierlein hatte ja mehrmals neben einer Ausgewogenheit auch die Genderfrage ins Spiel gebracht.
Trotz mehrfacher Verschiebung will der Rat spätestens am Abend zu einer Lösung kommen. Denn um 22.00 Uhr endet die Frist für jene Kandidaten, die sich für die Funktion des EU-Parlamentspräsidenten bewerben. Dieser wird am Mittwoch gewählt. Der Sondergipfel zur Vergabe der EU-Topjobs hatte bereits am Sonntagabend begonnen und wurde Montagmittag mangels Erfolgs auf Dienstag vertagt.