Streikdrohung am Flughafen Wien, WK sagt nein zu Branchenkollektiv
Die Gewerkschaft vida droht mit einem Generalstreik aller Airlines mit Basis in Wien und übt heftige Kritik an der „Blockadehaltung“ der Wirtschaftskammer. Der Ruf nach einem Branchen-Kollektivvertrag wird immer lauter.
Wien – Die Gewerkschaft vida wehrt sich gegen die Arbeitsbedingungen bei den Billigfluglinien in Wien. Der auf Hochtouren laufende Preiskampf führe zu einer „Ausbeutungen des Airline-Personals“, wie die Gewerkschaft am Mittwoch erklärte. Über den Sommer soll mit den Betriebsräten aller in Wien stationierten Fluglinien über einen Generalstreik beraten werden.
„Die immer absurder werdende Kollektivvertragspolitik der Wirtschaftskammer für die Luftfahrtbranche – wohl mit Rückendeckung von WKÖ-Präsident Harald Mahrer – könnte bald einen Generalstreik bei allen Airlines in Österreich provozieren“, sagte Daniel Liebhart, Vorsitzender des vida-Fachbereichs Luftfahrt, in einer Aussendung.
„Krisenstrategie“
Die vida fordert einen Branchen-Kollektivvertrag, der durch Mindeststandards für einen gerechteren Wettbewerb sorgen soll. Sie sieht die Wirtschaftskammer in der Verantwortung. Diese würde – aus Sicht der Gewerkschaft – die KV-Verhandlungen für Level verschleppen und für Wizz Air sogar verweigern. Bleibe die WKÖ stur, sei ein Arbeitskampf derzeit eine realistische Option, wie es heißt.
Die vida arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an einer „Krisenstrategie“, um einen Branchen-KV auch gegen den Widerstand der Wirtschaftskammer durchzusetzen. „Die Diskussionen dazu reicht derzeit von einer sogenannten KV-Satzung (Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines KV für eine Branche durch das Einigungsamt im Sozialministerium) bis hin zu einem Generalstreik aller Airlines mit Stationen am Flughafen Wien“, so Liebhart. Das sind neben der AUA unter anderem Eurowings, Lauda und Level.
„Hungerlohnstrategie“
„Es ist uns bewusst, dass einige dieser Maßnahmen gerade in den Sommermonaten nicht überall auf Sympathien stoßen würden“, so Liebhart. Er macht für die Streikdrohung den Wirtschaftskammer-Präsidenten persönlich verantwortlich. Würde Mahrer eine WKÖ-Politik vorgeben, die einen Branchen-KV mit fairen Basisregeln für alle Luftfahrtunternehmen im Wettbewerb sowie gerechte Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten verfolge, bräuchten sich Gewerkschaft und Betriebsräte keine weiteren Gedanken mehr über einen Generalstreik oder ähnliches zu machen. „Aber der aktuellen Haltung der WKÖ und ihren absurden KV-Angeboten kann man eigentlich nur mit einem Arbeitskampf begegnen“, meinte Liebhart.
„Die Gewerkschaft vida und auch alle Betriebsräte der Airlines mit Homebases am Flughafen Wien haben Verständnis für Wettbewerb, aber nur für einen Wettbewerb, der fair ist und nicht gezielt die Arbeitsbedingungen verschlechtert“, erklärte Anton Fuszko, Vorsitzender des vida-Ausschusses Fliegendes Personal. Er wirft der Wirtschaftskammer eine „Hungerlohnstrategie“ vor. Bei Level sei die WKÖ etwa nicht bereit, die gewerkschaftliche Mindestforderung von 1700 Euro brutto monatlich für Flugbegleiter zu akzeptieren. Derzeit liegt das Level-Grundgehalt laut Fuszko bei 1261 Euro brutto im Monat.
Für Wirtschaftskammer nicht nachvollziehbar
Die Wirtschaftskammer (WKÖ) hält trotz einer Streikdrohung der Gewerkschaft an ihrem Nein zu einem Branchen-Kollektivvertrag für Fluggesellschaften in Österreich fest. Der zuständige Funktionär Christian Domany, Vorsitzender der Berufsgruppe Luftfahrt, erklärte in einer Aussendung, die Aufregung der Gewerkschaft sei nicht nachvollziehbar.
„In der Luftfahrt sind Branchen-KVs aufgrund der globalen Tätigkeit absolut unüblich. Auch in Frankreich und Deutschland gibt es diese nicht. Das Anliegen der Wirtschaft ist es, den Standort und damit die Arbeitsplätze zu sichern. Die Forderung der Gewerkschaft nach einem Branchen-KV würde dieses Ziel konterkarieren“, erklärte Domany.
Die Kritik an den niedrigen Löhnen für Flugbegleiter wies Domany zurück: „Zu den Grundgehältern kommen pro Monat in der Regel noch mehrere hundert Euro an Zulagen.“ Domany forderte die Gewerkschaft auf, die Drohgebärden sein zu lassen und „sachlich und konstruktiv“ zu bleiben, um „eine für alle Seiten gangbare und faire Lösung zu finden“.
Rückendeckung für die vida kommt hingegen vom Flugpersonal der Austrian Airlines. AUA-Pilot und Betriebsratschef Rainer Stratberger forderte, dass branchenweit eine „unterste Linie“ eingezogen gehöre. Diese Mindeststandards gehörten in einen Branchen-Kollektivvertrag, sagte Stratberger am Mittwoch. (APA)