Neuordnung der Parteifinanzen im Nationalrat umstritten

Die Neuordnung der Parteienfinanzierung mit einer Eindämmung privater Großspenden hat am Mittwoch den Nationalrat beschäftigt. Zustimmung kam nur von SPÖ, FPÖ und JETZT. ÖVP und NEOS vermissten unter anderem erweiterte Kontrollrechte. Beschlossen ist die Novelle noch nicht, da die Abstimmung, weil viele Abänderungsanträge noch eingebaut werden müssen, auf den Nachmittag verschoben wurde.

Was unter anderem vorgesehen ist: Künftig darf kein Spender mehr als 7.500 Euro jährlich geben und keine Partei insgesamt mehr als 750.000 Euro einnehmen. Die Mindeststrafe bei Überschreiten der Wahlkampfkosten-Obergrenze wird bei 15 Prozent liegen und dann gestaffelt ansteigen: Wer die Kostengrenze um mehr als die Hälfte überzieht, zahlt dann eine Strafe von 150 Prozent dieses Überziehungsbetrages. Bei der Klubförderung gibt es einen Bonus, wenn mehr als 40 Prozent der Abgeordneten in der Fraktion Frauen sind.

Für Parteispenden auf Gemeindeebene wird eine Bagatellgrenze geschaffen, außerdem müssen auch Personenkomitees ihre Spenden offenlegen und welche Personenkomitees eine Partei im Wahlkampf unterstützen, wird nicht nur registriert, sondern auch veröffentlicht.

Bei „lokalpolitisch üblichen Veranstaltungen“ sollen künftig bis zu 100 Euro pro Person und Veranstaltung von der Spenden-Meldepflicht ausgenommen sein. Gemeint sind damit Sommerfeste, Grätzlfeste oder Weihnachtsstände. „Durch die absichtlich niedrig gewählte Grenze ist eine Einflussnahme auf politische Entscheidungen ausgeschlossen“, heißt es dazu in den Erläuterungen.

Außerdem werden die im ursprünglichen Antrag lückenhaften Regeln für Personenkomitees ergänzt. Diese müssen nun - wie die Partei und parteinahe Organisationen - ihre Einnahmen aus Spenden offenlegen - und zwar im Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei. Außerdem gilt die geplante Spendenobergrenze von 7.500 Euro auch für Zuwendungen an Personenkomitees.

Eigentlicher Anlass, über die Parteifinanzen wieder nachzudenken, war die Ibiza-Affäre. Der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte auf Video-Aufnahmen ja philosophiert, wie man am Rechnungshof vorbei den Freiheitlichen spenden könnte. Nun kritisieren ÖVP und NEOS, dass auch nach der Gesetzesänderung solche Konstellationen möglich sind: „Die Ibiza-Video-Option bleibt bestehen“, meinte etwa NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger.

Nach Meinung von ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer ist ohnehin einzige Motivation der Novelle, seiner Partei und speziell Altkanzler Sebastian Kurz zu schaden. Es gebe bei SPÖ und FPÖ den destruktiven Grundsatz: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Totalitäre Regime seien es, die Spenden abschafften.

Seitens der SPÖ replizierte der Abgeordnete Peter Wittmann, dass die ÖVP dafür verantwortlich sei, dass man das Parteiengesetz verschärfen müsse. Denn sie habe die Wahlkampfobergrenze um sechs Millionen überzogen und eine Million an Spenden verschwiegen. Überhaupt handle es sich um einen ideologischen Unterschied. ÖVP und NEOS wollten eben Spenden mit dem Ergebnis, dass die Politik abhängig werde von wenigen, die es sich leisten könnten.

Es bestehe die Gefahr der „Anfütterung von Parteien“, begründete FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer, wieso seine Fraktion auf eine Einschränkung der Großspenden gedrängt habe. Er glaube, es sei der falsche Weg, wenn eine Partei wie die NEOS vor allem von einem Bauunternehmer finanziert werde. Dass der Rechnungshof nicht mehr Kontrollrechte erhält, begründete FPÖ-Mandatar Harald Stefan damit, dass dieser ein Hilfsorgan des Parlaments sei und dabei die Verwaltung öffentlicher Gelder zu prüfen habe. Spenden seien aber keine öffentlichen Gelder.

Dies wollte Nehammer nicht einsehen. Dass man in die Vereine von SPÖ und FPÖ gar nicht hinein schauen könne, schade der Transparenz und damit auch den Wählern. Alle Parteien sollten wie die NEOS ihre Spenden 365 Tage im Jahr online stellen, verlangte wiederum Meinl-Reisinger: „Transparenz ist das beste Desinfektionsmittel gegen Korruption.“

Die türkis-pinke Aufregung verstand der geschäftsführende JETZT-Klubchef Wolfgang Zinggl nicht. Schließlich gebe es essenzielle Verbesserungen, etwa eine Wahlkampfkosten-Obergrenze, die angesichts der hohen Sanktionsdrohungen kaum mehr überschritten werde. Freilich: Er hätte sich mehr vorstellen können, etwa dass der Rechnungshof Einsicht in die Bücher nehmen darf. Dies wäre auch die Idee von Ex-RH-Präsident Josef Moser (ÖVP) gewesen: Er sprach von einem Transparenzvermeidungsantrag.

Mit breiter Mehrheit beschloss der Nationalrat eine Beamten-Dienstrechtsnovelle. Sie bringt ab 1. Juli 2020 eine zentrale Disziplinarkommission anstelle der verschiedenen Kommissionen in den einzelnen Ressorts. Änderungen gab es auch bei der Anrechnung von Vordienstzeiten öffentlich Bediensteter.

Aktuell bestehen etwa 30 Disziplinarkommissionen mit weit über 100 dreiköpfigen Disziplinarsenaten. Die neue Behörde wird im Beamtenministerium angesiedelt sein und in Dreier-Senaten entscheiden. Ausgenommen werden Beamte der Parlamentsdirektion, des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft, sie bekommen eine eigene Disziplinarkommission.

Einen neuen Anlauf nahmen die Abgeordneten auch zur EU-rechtskonformen Ausgestaltung der Bestimmungen über die Anrechnung von Vordienstzeiten von öffentlich Bediensteten. Es geht um Zeiten vor dem 18. Geburtstag sowie den Präsenz- und Zivildienst.

Weitere Beschlüsse in der letzten Sitzung vor der Sommerpause betreffen den Verkehrsbereich. So werden etwa Taxi- und Mietwagengewerbe zusammengelegt, womit der US-Beitreiber Uber keine billigeren Tarife mehr anbieten kann. Strengere Strafen gibt es beim Schummeln von Führerscheinprüfungen. Ferner wird eine Novelle zum gemeinnützigen Wohnbau umgesetzt, die unter anderem einen rascheren Kauf dieser Wohnungen bringen wird.

Auf den Weg gebracht werden mit Initiativanträgen zahlreiche Gesetze, die dann noch kurz vor der Wahl im September beschlossen werden. Hinzugekommen ist zuletzt noch eine Initiative von ÖVP und FPÖ für eine sogenannte Digitalsteuer, eine fünfprozentige Online-Werbeabgabe für Unternehmen, die weltweit einen Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro und in Österreich einen von mindestens 25 Millionen Euro machen.

Auch das von der ehemaligen türkis-blauen Koalition ausgearbeitete Gewaltschutzpaket könnte jetzt doch noch kommen: ÖVP und FPÖ legten am Mittwoch gemeinsam einen entsprechenden Antrag vor. Er wurde als Initiativantrag mit Fristsetzung eingebracht, sodass er bei der Nationalratssitzung am 25. September - vier Tage vor der Neuwahl - noch beschlossen werden kann.

Den Abgeordneten des Nationalrats wurde unterdessen am Mittwoch in der Früh ein lautstarker Empfang vor dem Parlamentsersatzquartier in der Wiener Hofburg bereitet. Weit über 100 Jugendliche der „Fridays For Future“-Bewegung skandierten ihren Wunsch nach Ausrufung des „Klimanotstands“.

Ebenfalls vor dem Parlament demonstriert wurde seitens der Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens für eine „moderne Sexualpädagogik“. Anlass ist ein Entschließungsantrag in der heutigen Sitzung, der Sexualunterricht an Schulen durch externe Vereine verhindern soll.