Sassoli EU-Parlamentspräsident, Karas einer von 14 Vizes
Das Europaparlament hat den Sozialdemokraten David-Maria Sassoli zu seinem Präsidenten für die nächsten zweieinhalb Jahre gewählt. Der Italiener erreichte im zweiten Wahlgang der Sitzung in Straßburg am Mittwoch die absolute Mehrheit. Der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas wurde zu einem der 14 Vizepräsidenten gewählt. Erste Vizepräsidentin wurde Mairead McGuinnes (EVP).
Sassoli fordert eine gemeinsame Vision für Europa und ein „Gegenmittel gegen die Entartung der Nationalisten, die unsere Geschichte vergiftet haben“. Die EU brauche jetzt eine Vision, dazu seien die europäischen Parteien und neue Instrumente nötig, sagte Sassoli nach seiner Wahl am Mittwoch in Straßburg.
Karas‘ Bestellung zu einem der 14 Vizepräsidenten stieß bei ÖVP-Chef Sebastian Kurz naturgemäß auf Gefallen. Der Altkanzler bezeichnete Karas als starke Stimme für ein starkes Österreich in einem starken Europa. Der erste Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka würdigte die Erfahrung von Karas. Der Europaabgeordnete der Volkspartei ist bereits zum zweiten Mal zu einem der Vizepräsidenten bestellt worden. Diesmal erhielt er 477 der 751 Abgeordnetenstimmen.
Er wolle sich dafür einsetzen, dass bei jeder Entscheidung auf europäischer Ebene das Europaparlament an Bord ist, betonte Karas und sprach von einer Weggabelung. Die liberale Demokratie sei gefährdet. Dies liege an neuen Formen des Autoritarismus, neuen Formen der Kommunikation, dem Erstarken des Populismus sowie den „Hinterzimmermauscheleien der EU-Staats- und Regierungschefs“. Kritisch äußerte er sich über das nicht beim EU-Gipfel berücksichtigte Spitzenkandidatenmodell bei der Nominierung des EU-Kommissionspräsidenten.
Erste Vizepräsidentin wird gemäß der Abstimmung erneut Mairead McGuinness. Sie erhielt 618 Stimmen. Die weiteren bereits bestimmten Vizepräsidenten sind Pedro Silva Pereira (S&D - 556), Rainer Wieland (EVP - 516), Katarina Barley (S&D - 516), Ewa Bozena Kopacz (EVP - 461), Klara Dobrev (S&D - 402), Dita Charanzova (RE - 395), Nicola Beer (RE - 363), Livia Jaroka (EVP - 349), Heidi Hautala (Grüne - 336). Die Hürde lag bei 331 Stimmen - der absoluten Mehrheit von gültigen 661 abgegebenen Stimmen.
Sassoli räumte indirekt ein, dass seine Kandidatur im Zuge des EU-Gipfels zum Personalpaket entschieden wurde. „Gestern wurde mir diese Absicht mitgeteilt, dass ich als Parlamentspräsident kandidieren könnte“, sagte der italienische Sozialdemokrat am Mittwoch in Straßburg. „Einen Moment lang fühlte ich mich überrascht.“ Aber dann habe er „gesagt, dass ich nicht der Mann des Rates bin, sondern des Europäischen Parlaments“, schilderte Sassoli weiter. Es habe sich gezeigt, dass das EU-Parlament völlig autonom entschieden habe.
Sassoli äußerte sich zurückhaltend zur Frage, wie das EU-Parlament auf das Personalpaket des Gipfels und insbesondere auf die Nominierung der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Kommissionspräsidentin reagieren wird. „Der gestrige Beschluss sorgte in allen Fraktionen für Diskussionen“, sagte Sassoli. Er wolle, dass diese Diskussion nach Regeln erfolge und alle Meinungen zum Ausdruck gebracht werden können.