Reportage

Schock in Wildschönau: „Dort lag ein Mann am Boden, er blutete“

Der Verdächtige schoss auf die Polizisten, die sich ihm näherten. Er wurde mit dem Notarzthubschrauber in die Klinik gebracht.
© ZOOM.TIROL

Augenzeugen berichten am Tag nach der Schießerei in der Wildschönau von den schockierenden Eindrücken. Knapp 300 Meter vom Tatort entfernt fand gerade ein Volksfest mit Hunderten Gästen statt.

Von Jasmine Hrdina

Wildschönau –Ein Glas Marmelade für den Vereinsstand am Dorffest holen war alles, was sie wollte, plötzlich fand sich die Dame aber in einer Szenerie wie aus einem Wildwest-Streifen wieder. „Es fielen mehrere Schüsse. Ich kannte das Geräusch vorher nicht, aber ahnte sofort, dass es kein Jugendstreich sein konnte“, meint die Supermarktangestellte am Tag nach der Schießerei in der Wildschönau – noch immer sichtlich schockiert von den Ereignissen im knapp 1000-Einwohner-Ortsteil der Gemeinde. „Ich kann ehrlich gesagt noch nicht sagen, wie es mir geht“, meint die 52-Jährige, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Ihre Augen sind weit geöffnet, Tränen sammeln sich am unteren Lidrand. Mit dem Marmeladebehälter in der Hand verließen sie und ihre Vereinskollegin am Mittwochabend das Geschäft direkt an der Hauptstraße, wollten zum Fest zurückkehren, als knapp 20 Meter neben ihnen mehrere Schüsse fielen. Die beiden Frauen traten die Flucht ins Auto an und suchten damit Schutz hinter dem Gebäude. Von der Terrasse der angrenzenden Pizzeria liefen ihnen panisch Menschen entgegen, sie schrien. Erst viel später realisierte die Wildschönauerin, was passiert war. „Dort lag ein Mann am Boden, er blutete. Um ihn standen sechs bis sieben Polizisten. Einer von ihnen holte einen Verbandskoffer.“

An ein buntes Festtreiben war für sie danach nicht mehr zu denken. „Was wäre gewesen, wenn das alles beim Dorfabend drüben passiert wäre?“, fragt die Augenzeugin.

Eine der Kugeln der Polizei durchbohrte die Scheiben an Gerhard Siedlers Fahrzeug.
© Hrdina

Knapp dreihundert Meter von der Schießerei entfernt feierten Hunderte Wildschön­auer und Gäste wie jeden Mittwochabend ein Fest mit Platzkonzert. Dort vergnügte sich auch Gerhard Siedler, als er einen Anruf von der Polizei erhielt. Schießerei an seiner Tankstelle, sein Auto sei beschädigt worden, hieß es. Beim Schusswechsel zwischen Polizei und dem 55-jährigen tatverdächtigen Einheimischen, der demnach eine „täuschend echt aussehende“ CO2-Waffe auf die Einsatzkräfte richtete, bahnte sich eine Kugel den Weg durch die Seiten- und Windschutzscheibe des SUV, den Siedler vor der Tankstelle abgestellt hatte. „Das Fahrzeug steht zum Verkauf, eigentlich wollte am Donnerstag jemand zum Probefahren vorbeischauen“, erklärt der 47-Jährige. Etwas ärgerlich sei es wohl, aber den Sachschaden sehe er relativ. „Ich bin froh, dass es nicht noch weitere Verletzte gibt. Rundherum waren auch viele Kinder am Weg.“ Der Familienvater wendet seinen Blick zur Seite, versucht diesen Gedanken zu verdrängen.

Ein Schreckgespenst, das gestern mehreren Menschen nachjagte. Knapp eine Stunde vor dem Vorfall war der 10-jährige Sohn eines Niederauers noch auf einem Kindergeburtstag in jener Straße, in der sich der Vorfall ereignete. Die vielen Sirenen und Polizeiautos, Menschen, die von Angeschossenen sprechen – das alles gehe schließlich auch an den Kindern nicht spurlos vorbei. „Auch mein anderer Sohn war gestern Nacht emotional total aufgelöst. Man will gar nicht darüber nachdenken, was hätte passieren können“, sagt der mehrfache Vater.

Es handelt sich dabei um jenen 55-Jährigen, der knapp eine Stunde zuvor mit einer Bombendrohung dafür sorgte, dass die Innsbrucker Altstadt hermetisch abgeriegelt wurde.
© zeitungsfoto.at

Die ganze Nacht über waren Polizisten vor Ort damit beschäftigt, Spuren zu sichern. Gestern Vormittag zog es noch einige Schaulustige an den Tatort. „Der Alltag muss weitergehen“, meint ein Arbeiter, beißt herzhaft in sein Wurstsemmerl. „Was muss passieren, dass ein Mensch so etwas macht?“, fragt eine Pensionistin und schiebt ihren Einkaufswagen mit einem Kopfschütteln weiter. Ein Mann steigt vom Rad, wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Wir haben den Täter mal mit dem Taxi chauffiert. Man kennt ihn im Ort.“

Am Vormittag nach der Schießerei waren Mitarbeiter des Landeskriminalamts Innsbruck noch dabei, die letzten Spuren zu sichern.
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