Bühne

Jedermann in Salzburg heuer „befreit vom ganzen Quark“

Familientreffen mit Dame und Dom: Jedermann Tobias Moretti, Buhlschaft Valery Tscheplanowa und Morettis Bruder Gregor Bloéb, der beim heurigen „Jedermann“ den guten Gesellen und den Teufel gibt.
© APA

Auch in ihrem dritten Jahr wollen Hauptdarsteller Tobias Moretti und Regisseur Michael Sturminger den Salzburger „Jedermann“ weiterdenken – heuer mit neuer Buhlschaft.

Salzburg –Der Jedermann fehlt zunächst. Und seine neue Buhlschaft auch. Auf der Presse­terrasse mit Blick auf den Salzburger Dom haben zunächst andere Platz genommen. „Jedermann“-Regisseur Michael Sturminger wird sie wenig später „Duellanten“ nennen. Und „einen Blumenstrauß großartiger Theaterfarben“. Und sein „Wunsch-Ensembl­e“. Und auch Bettina Hering, Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, ist überzeugt: Mit diesem Neuzugängen – mit Gregor Bloéb in der Doppelrolle als Gesell und Teufel, mit Falk Rockstroh als Glaub­e, Helmut Mooshammer als armer Nachbar, Michae­l Masula als Schuldknecht, Markus Kofler als Koch und mit Tin­o Hillebrand und Björn Meyer als Vetter – lässt sich das Herzstück der Festspiele weiterentwickeln. Seit drei Tagen wird geprobt. „Unheimlich konzentriert, unheimlich beglückend“, wie Sturminger sagt.

Dann betreten Jedermann Tobias Moretti und Buhlschaft Valery Tscheplanow­a doch noch das Podium. Im Festspiel-Salzburg haben auch Pressekonferenzen einen Spannungsbogen.

„Jedermann“-Regisseur Michael Sturminger: „Es ist wichtig für das Theater, den Anspruch zu haben, Dinge immer neu zu ergründen.“
© APA

Sie habe sich auf ihre große kleine Rolle – die Buhlschaft kommt auf gerade einmal 30 Sätze – intensiv vorbereitet und 99 Jahre Salzburger „Jeder­mann“ studiert, erzählt Tscheplanowa. Noch vor wenigen Jahren hätte sie nicht geglaubt, dass man ihr so eine Rolle jemals anbieten würde. Die 38-Jährige gilt als Expertin fürs besonders schwere Fach. Im Vorjahr beeindruckte sie in Salzburg in Ulrich Rasches Aischylos-Überwältigung „Die Perser“. Nach Jahren knüppelharter Bühnenliteratur sei die Buhlschaft eine Chance, „befreit vom ganzen Quark“ aufzuspielen: „Heuer geht es nur ums Buhlen.“

Tobias Moretti, der heuer zum dritten Mal den Jedermann spielen wird, streut seiner neuen Bühnenpartnerin Rosen: „Sie ist eine aufregend­e Schauspielerin, die kein Risiko scheut.“ Durch die – im Vergleich zum Vorjahr – acht Umbesetzungen habe sich ein­e neue Situation ergeben, die ganz neue Möglichkeiten und Färbungen eröffne, so der Schauspieler, dessen eigene Fassung des Hofmannsthal-­Dauerbrenners inzwischen auch als Buch vorliegt. Stück und Inszenierung verändern sich, die Gefahr, dass das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ zur Routine wird, sei dadurch gebannt. Regisseur Sturminger – auch er verantwortete seinen dritten „Jedermann“ – pflichtet bei: „Es ist wichtig für das Theater, den Anspruch zu haben, Dinge immer neu zu denken, neu zu hinterfragen und neu zu ergründen.“ Daran wolle er in den nächsten Wochen arbeiten. Am 20. Juli ist Premiere. So das Wetter mitspielt auf dem Domplatz. Auch das wäre eine Neuerung. Morettis bisherige „Jedermann“-Premieren flüchteten sich vor dem Regen ins Große Festspielhaus. Dem Wunsch des Schauspielers, das eine oder andere Gebet gen Himmel zu richten, sollte also nachgekommen werden. Und das nicht nur, weil er kommende Woche 60 wird. Feiern übrigens will er den runden Geburtstag nicht: „Ein Probentag wie jeder andere.“ (jole)