Osram vor Übernahme durch US-Investoren
Die Firma Osram soll für knapp 3,4 Milliarden Euro an Bain Capital und Carlyle verkauft werden. Auch die Gewerkschaft gibt ihren Segen zu dem Deal.
München – Nach nur sechs Jahren Eigenständigkeit wird eine der bekanntesten deutschen Industriefirmen voraussichtlich an US-Finanzinvestoren verkauft: Vorstand und Aufsichtsrat des Münchner Lichtkonzerns Osram sprachen sich am Donnerstagabend dafür aus, das vor dem Ersten Weltkrieg gegründete Traditionsunternehmen für knapp 3,4 Milliarden Euro an die Investoren Bain Capital und Carlyle zu verkaufen.
Die Aktionäre müssen noch zustimmen, die Frist läuft bis Ende September. Bedingung ist, dass die Eigentümer von 70 Prozent der Osram-Anteile zustimmen.
Die Osram-Aktien sind unter den Anlegern breit gestreut. Dem Unternehmen fehlt ein Ankeraktionär, mit dem sich die Finanzinvestoren im Voraus auf eine Unterstützung hätten einigen können. Größere Aktienpakete liegen bei der Allianz-Fondstochter Allianz Global Investors (AGI), der Investmentbank Goldman Sachs, der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS und dem Vermögensverwalter Blackrock.
„Die richtigen Partner zu richtigen Zeit“
Trotz der hohen Kursgewinne der vergangenen zwei Tage notierte die Aktie am Freitagvormittag mit einem Plus von 1,5 Prozent auf 33 Euro immer noch unter dem Kaufpreis von 35 Euro je Aktie. Händler nannten etwa die Mindestannahmeschwelle von 70 Prozent angesichts der Aktionärsstruktur von Osram „hoch“.
Für Vorstandschef Olaf Berlien sind Bain und Carlyle „die richtigen Partner zur richtigen Zeit“. Berlien hatte seit dem Ausstieg des früheren Mutterkonzerns Siemens einen neuen Ankeraktionär gesucht. Die zwei US-Firmen sicherten nun zu, die Standorte „der wesentlichen Unternehmensbereiche“ und Arbeitsplätze zu erhalten und Neuinvestitionen zu unterstützen. Betriebsrat und IG Metall hatten schon im Februar langfristige Zusagen eingefordert, um eine Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern.
Die IG Metall verwies in einer ersten Stellungnahme am Freitag auf die Zugeständnisse der beiden Bieter Bain Capital und Carlyle zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte. „Daher wenden wir uns nicht gegen eine Übernahme durch die Finanzinvestoren“, erklärte der von der IG Metall gestellte Aufsichtsratsvizechef Klaus Abel. Die Gewerkschaft forderte aber von Vorstand und Eigentümern, sich an den vor zwei Jahren vereinbarten Erhalt und Ausbau der deutschen Standorte zu halten. „Wir erwarten vom Vorstand, dass er die dort getroffenen Vereinbarungen für die einzelnen Standorte umsetzt“, sagte der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Johann Horn.
Wert von Osram hat sich halbiert
Sofern auch die Osram-Aktionäre dem Milliardendeal zustimmen, werden Bain Capital und Carlyle sämtliche der knapp 96,86 Millionen Osram-Anteile für einen Preis von 35 Euro je Aktie übernehmen. Der Vorstand will auch die von Osram selbst gehaltenen 2,66 Millionen Aktien an die US-Amerikaner verkaufen. Möglich wird die geplante Übernahme wohl nur, weil Osram inzwischen weniger als halb so viel wert ist wie noch Anfang 2018: Damals hatte eine Aktie noch fast 80 Euro gekostet.
Carlyle hat seinen Sitz in der US-Bundeshauptstadt Washington und verwaltet 222 Mrd. Dollar (197 Mrd. Euro) Vermögen, die etwa halb so große Bain Capital hat 105 Mrd. Dollar Finanzanlagen in den Büchern stehen und sitzt in Boston.
Das vor dem Ersten Weltkrieg gegründete Unternehmen Osram wird damit voraussichtlich zum zweiten Mal seine Eigenständigkeit verlieren - und zwar in einem Abstand von ziemlich exakt 100 Jahren: 1919 hatte Siemens Osram übernommen und die Zügel bis zum Börsengang 2013 in der Hand behalten.
Umstrittende Strategie
In den vergangenen sechs Jahren Selbstständigkeit durchlief Osram sehr schwierige Zeiten. Der technologische Wandel in der Beleuchtungsindustrie traf das Unternehmen hart. Die Glühbirne, die einst den Werbespruch „Osram - hell wie der lichte Tag“ inspirierte, ist längst Geschichte. Der größte Teil des Geschäfts mit traditionellen Leuchtmitteln wurde 2016 an einen chinesischen Konzern verkauft. Osram produziert heute hauptsächlich LED und Optoelektronik, Hauptabnehmer sind die Auto- und Elektronikindustrie.
Noch 2017 hatte Osram die Zeichen auf Wachstum gestellt. Der Konzern eröffnete 2018 ein großes neues Werk in Malaysia und kündigte eine Ausweitung der Produktion an. Diese Strategie war jedoch umstritten, es kam zum Zerwürfnis mit dem damals noch als Großaktionärin beteiligten Siemens-Konzern, der die Expansion in das Massengeschäft mit LED-Halbleitern für zu riskant hielt und Ende 2017 seine restlichen gut 17 Prozent an Osram für rund 1,2 Mrd. Euro verkaufte.
Auch heuer Gewinnwarnung
Die Expansionslaune hielt sich nicht lange bei Osram. Kurz darauf folgte der Einbruch. Die gleichzeitige Schwächephase von Auto- und Smartphone-Herstellern zog Osram schwer in Mitleidenschaft, denn beide Branchen sind wichtige Kundengruppen. 2018 brachen die Umsätze ein, Osram musste mehrfach die Erwartungen zurückschrauben.
Auch heuer sieht es nicht gut aus: Anfang Mai gab Osram erneut eine Gewinnwarnung heraus und senkte die Prognose für 2019. Der Umsatz könnte demnach um 11 bis 14 Prozent schrumpfen. Zuvor hatten Vorstandschef Berlien und seine Kollegen noch auf ein Plus von bis zu 3 Prozent gehofft. (APA, dpa-AFX, dpa, Reuters)