Stummer Schrei

“Raffl“: Derbe Gemetzel auf dem Schlachtfeld der Emotionen

Karl (Daniel Trautendorfer) deklamiert stammelnd das von Eduard verfasste Liebesgedicht. Dabei wünschte sich Burgl (Elisabeth Kreidl) nichts sehnlicher, als dass Raffl (Bernhard Eberharter, l.) vor ihr knien würde.
© Stummer Schrei

Uraufführung von Thomas Gassners „Raffl“ beim Internationalen Kulturfestival „Stummer Schrei“: Klamauk gepaart mit Sozialkritik.

Von Edith Schlocker

Stumm –Mit Andreas Hofer gegen die Franzosen kämpfen mag der Raffl (Bernhard Eberharter) so ganz und gar nicht. Viel lieber möchte er an der Seite der von ihm heiß verehrten Maria-Darstellerin Burgl (großartig: Elisabeth Kreidl) den Christus im dörflichen Passionsspiel mimen, was ihm als Knecht allerdings nicht zusteht. Dafür dem Bauernsohn Karl (Daniel Trautendorfer), dem die Maid versprochen ist. Und sich damit abzufinden, genauso wie mit seiner Rolle des Judas im Passionsspiel, ist Raffl absolut nicht bereit.

Thomas Gassner hat sich mit seinem „Raffl“ viel vorgenommen, sich mächtig übernommen. Indem er das Stück als groben Verschnitt aus derber volksdümmlicher Komödie und sozialkritisch aufgepeppter, musikalisch unterlegter Farce anlegt. Das Setting im urigen Festival-Stadl ist dagegen stimmig, die Requisiten sind holzig, die Kostüme trachtig. Nur der Feind in der Person des so gar nicht bösen französischen Soldaten Eduard (Fritz Gasser) steckt in einer schmucken Uniform.

Nicht zuletzt im Zusammenhang mit seiner Person werden jede Menge Klischees bemüht. Etwa in der dümmlichen Manieriertheit, mit der er spricht bzw. sich bewegt. Während die Tiroler Naturburschen ständig quer über die Bühne sausen, sich bedrohlich an die Gurgel gehen, unflätig fluchen, aber gleichzeitig Eduard als Liebesgedicht-Schreiber brauchen (Cyrano de Bergerac lässt grüßen), um bei der Burgl zu landen. Dass das durch ein Missgeschick der Karl und nicht der Raffl ist, ist trotz des inbrünstigen Gebets der Burgl an Gott natürlich blöd. Aber wer sie letztlich bekommen wird, bleibt in der krausen, sich immer wieder überschlagenden Geschichte letztlich offen.

Weniger wäre eindeutig mehr gewesen, klärende Striche durch Regisseur Konrad Hochgruber wohltuend. Denn berührende Momente gibt es in den eineinhalb Stunden nur sehr wenige, was hier vorgeführt wird, ist bisweilen skurril, wirklich lustig ist es aber nur ganz selten. Dazu ist die Thematik letztlich wieder zu ernst, angefangen von der Freund-Feind- bis zur Herr-Knecht-Problematik.

Am Ende ist Karl tot und Raffl raucht sich mit Eduard ein. Mündend in einem bekifften Traum, in dem Raffl Andreas Hofer höchstpersönlich erscheint. Der ihm einen Deal vorschlägt, der zu ihrer beider Vorteil wäre. Denn um zum unsterblichen Mythos zu werden, muss Andreas Hofer tot bzw. lieber doch nur scheintot sein. Eingefädelt durch Raffl, der seine Rolle als Judas offensichtlich auch träumend nicht los wird. Sich durch das scheinbare Blutgeld allerdings einen Hof kaufen könnte und so standesgemäß für Burgl wäre.

Die fünf Laienschauspieler tun ihr Bestes, die vom Ensemble der Musikkapelle Stumm gespielte Musik von Oswald Pardeller ist wohltuend schnörkellos. Der Applaus des von Hitze und Fliegen geplagten Premierenpublikums war mäßig.

Weitere Vorstellungen

6., 8., 20., 21., 28., 31. Juli, 1., 3. August, jeweils 20 Uhr, Festival-Stadl Stumm.