Konservative gewinnen Parlamentswahl in Griechenland klar

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Griechenland liegen die oppositionellen Konservativen Nachwahl-Befragungen zufolge deutlich vorn und könnten sogar die Absolute erreicht haben. Die Nea Demokratia (ND) unter ihrem Chef Kyriakos Mitsotakis komme auf 38 bis 42 Prozent der Stimmen, hieß es am Sonntagabend in der gemeinsamen Prognose von fünf privaten Fernseh-Stationen.

Sollte die Prognose amtlich bestätigt werden, erhielten die ND die absolute Mehrheit im Parlament und wären nicht auf einen Koalitionspartner angewiesen. In Griechenland erhält die stärkste Partei 50 Sitze zusätzlich im 300-köpfigen Parlament. Dies soll die Regierungsbildung vereinfachen. Erste amtliche Ergebnisse auf Grundlage ausgezählter Stimmen und Hochrechnungen wurden nach 20.00 Uhr MESZ erwartet.

Die linke SYRIZA-Partei von Ministerpräsident Alexis Tsipras erreichte gemäß Prognose 26,5 bis 30.5 Prozent. Umfragen vor der Wahl hatten bereits auf einen deutlichen Sieg der Opposition hingedeutet. Tsipras hatte nach dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl Ende Mai die regulär im Oktober fällige Wahl vorgezogen. Bei der Europawahl landeten die ND fast zehn Punkte vor Syriza.

Beobachter führten die Niederlage von Tsipras auf die harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zurück, die hauptsächlich die Mittelklasse getroffen haben. Ein großer Teil des Mittelstands, der in Griechenland traditionell über den Ausgang der Wahlen entscheidet, hat demnach der SYRIZA den Rücken gekehrt und auf die Konservativen gesetzt. Auch viele Pensionisten wandten sich von der linken Partei ab, nachdem Tsipras mehrere Pensionskürzungen durchgeführt hatte. Zudem konnte die ND bereits bei den Europawahlen im Mai stark bei jungen Wählern punkten.

Als drittstärkste Kraft kam die sozialdemokratische Partei Bewegung des Wandels mit rund 7 Prozent ins Parlament, ihr folgt die Kommunistische Partei (KKE) mit rund 6 Prozent. Die Partei MeRA25 des ehemaligen griechischen Finanzministers Yannis Varoufakis wird es wohl ebenfalls schaffen - sie hat laut Prognose gut 3 Prozent erreicht, und damit die Hürde, die in Griechenland für den Einzug ins Parlament gilt. Bangen müssen die rechtsextremistische Goldene Morgenröte und die rechtspopulistische Partei Griechische Lösung.

Mitsotakis‘ Partei gilt als proeuropäisch und wirtschaftsfreundlich. Er versprach während des Wahlkampfes, die Privatisierungen zu fördern, mit der Senkung von Steuern die Wirtschaft anzukurbeln und damit auch die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Zurzeit sind mehr als 18 Prozent der Griechen ohne Job. Auch Tsipras hatte im Wahlkampf versprochen, sich um die Mittelklasse zu kümmern, dabei allerdings auch soziale Aspekte nicht zu vergessen.

Tsipras trat sein Amt 2015 an und führte das Land während der turbulenten Jahre der Finanz- und Schuldenkrise, in der Griechenland mit Milliardenhilfen vor dem Staatsbankrott und Ausschluss aus der Eurozone bewahrt wurde. Im Gegenzug hatte seine Regierung strikte Reform-Auflagen der internationalen Gläubiger erfüllen und einige harte Einschnitte in der Sozialpolitik vornehmen müssen.

Im August 2018 verließ Griechenland schließlich den Euro-Rettungsschirm. Die Arbeitslosigkeit ist in Tsipras‘ Regierungszeit von 26 auf 18 Prozent gefallen. Mit fast 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist die griechische Gesamtverschuldung aber weiterhin bei weitem die höchste in der Eurozone.

Wahlberechtigt waren rund zehn Millionen Bürger. Das verwirrt zunächst, weil Griechenland nur knapp elf Millionen Einwohner hat. Allerdings gibt es mehr als drei Millionen griechische Staatsbürger, die im Ausland leben - vor allem in den USA, in Australien und Kanada. Weil es in Griechenland keine Briefwahl gibt, fallen ihre Stimmen weg, es sei denn, sie reisen eigens zur Wahl in die Heimat. Zudem wird vermutet, dass in griechischen Wahllisten bis heute etliche Tote aufgeführt sind, was die Zahl der potenziellen Wähler ebenfalls verfälscht. Griechische Medien gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Wahlberechtigten bei rund 6,5 Millionen liegt.