Weniger Treibhausgase in Österreich, mehr Emissionen bei Verkehr
Das Umweltbundesamt schätzt, dass in Österreich 2018 die Treibhausgas-Emissionen um 3,8 Prozent gegenüber 2017 gesunken sind. Beim Verkehr haben die Emissionen allerdings zugenommen.
Wien – Die klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen sind laut einer ersten Schätzung des Umweltbundesamtes in Österreich 2018 das erste Mal seit drei Jahren gesunken – und zwar um 3,8 Prozent gegenüber 2017. Beim Verkehr haben die Emissionen allerdings zugenommen.
Die Senkung der Emissionen ist trotz eines Wirtschaftswachstums von 2,7 Prozent erfolgt. „Nach derzeitigem Stand wurden in Österreich im Jahr 2018 rund 79,1 Millionen Tonnen Treibhausgase emittiert. Gegenüber dem Jahr 2017 bedeutet das eine Abnahme von 3,2 Millionen Tonnen – und damit die erste Senkung seit drei Jahren“, sagte der für Klimaschutz zuständige Sektionschef des Umweltministeriums, Jürgen Schneider.
Dabei verzeichneten Treibhausgas-Emissionen, die vom Emissionshandel umfasst sind, ein Minus von zwei Millionen Tonnen bzw. minus sieben Prozent. Auch bei Treibhausgas-Emissionen, die nicht vom Emissionshandel umfasst sind (wie Gas- und Heizöl-Verbrauch), kam es zu einer Senkung von 1,1 Millionen Tonnen bzw. 1,9 Prozent.
Keine Trendumkehr beim Verkehr
Beim Verkehr – dem Hauptverursacher von CO2-Emissionen – gab es aber keine Trendumkehr: Der Diesel- und Benzinverbrauch verzeichnete eine Zunahme von 0,8 Prozent bzw. 0,2 Millionen Tonnen.
Der insgesamte Rückgang ist laut Umweltbundesamt auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: So ist der Verbrauch von Heizöl- und Erdgas (minus 6,7 Prozent) ebenso zurückgegangen wie die Mineraldüngerverwendung in der Landwirtschaft (minus 1,9 Prozent) und die Rinderzahlen (minus 1,6 Prozent). Weiters trugen zu dem Ergebnis eine Reduktion von Methan aus Deponien in der Abfallindustrie sowie eine Abnahme von fluorierten Gasen aufgrund des Umstiegs auf Kühlmittel mit niedrigem Treibhausgas-Potenzial bei.
Österreich muss diese Daten bis 31. Juli an die Europäische Kommission übermitteln. „Dieser Verpflichtung kommen wir selbstverständlich nach“, sagte Umweltministerin Maria Patek.
Umweltorganisationen: Keine Trendumkehr
Dass erstmals nach drei Jahren in Österreich die klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen gesunken sind, hat zu zahlreichen Reaktionen geführt. Während die ehemalige Regierung ihre Klima- und Energiestrategie als Grund sieht, warnten die Umweltschutzorganisationen und die Grünen vor positiven Interpretationen. Ein milder Winter ersetze keine Klimapolitik, sagte Grüne-Kandidatin Leonore Gewessler.
Bei dem Rückgang „dürfte es sich im Wesentlichen um Einmal-Effekte und nicht um eine substanzielle Trendumkehr bzw. einen Erfolg der letzten Bundesregierung handeln“, hieß es vonseiten der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Grund für den kurzfristigen Trend sei laut Bericht des Umweltbundesamtes der Wartungsstillstand eines Hochofens der Voest sowie die milde Witterung, die zu weniger Öl- und Gasverbrauch beim Heizen führten. „Die wesentlichen Reduktionen haben im Emissionshandelsbereich stattgefunden, für den die Regierung gar nicht direkt zuständig ist“, so Volker Plass, Programm-Manager von Greenpeace.
Ganz anders der Tenor bei der ÖVP: „Erstmals seit drei Jahren sind die Emissionen gesunken, das zeigt, dass die Maßnahmen der letzten Bundesregierung gegriffen haben“, sagte etwa der ehemalige Bundeskanzler und Bundesparteiobmann der neuen Volkspartei, Sebastian Kurz. Und auch die frühere Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) meinte in einer Aussendung: „Die bisherige Bundesregierung habe mit der Erarbeitung und dem raschen Beschluss der #mission2030 zum ersten Mal eine Klima- und Energiestrategie vorgelegt, auf deren Basis Maßnahmen aufgesetzt wurden, die nun erste messbare Erfolge zeigen.“ Die frühere Ressortleiterin ist überzeugt: „Die nun vorliegenden Zahlen sind eine große Ermutigung für unseren Weg.“
„Für entsprechende Jubelmeldungen von Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger sehen wir einstweilen keinen Anlass“, warnte Greenpeace. „Im Verkehr, dem politisch gestaltbaren Hauptsorgenkind der österreichischen Klimapolitik, hat es hingegen erneut einen Zuwachs von plus 0,8 Prozent gegeben - auch befeuert durch vollkommen wahnwitzige Aktionen wie Tempo 140 km/h auf der Autobahn“, kritisierte Volker Plass.
Auch für die Umweltstiftung WWF war die veröffentlichte Schätzung „absolut kein Grund zum Jubeln, sondern sollte ein Weckruf für längst überfällige Maßnahmen“ sein. „Österreichs Klimapolitik ist Weltmeister im Schönreden bescheidener Fortschritte. Tatsächlich werden effektive Klimaschutz-Maßnahmen ständig blockiert oder auf die lange Bank geschoben. Für eine echte Trendwende bräuchte es eine echte ökologische Steuerreform und eine gewaltige Energiespar-Offensive. Umwelt- und klimaschädliche Subventionen müssen abgebaut und ökologisch vernünftig investiert werden“, forderte WWF-Klimasprecher Karl Schellmann.
Die Grünen stießen ins selbe Horn wie die Umweltorganisationen: „Die zuletzt präsentierten vorläufigen Zahlen für die Treibhausgasemissionen 2018 sind ein deutlicher Beleg für den bemitleidenswerten Zustand der österreichischen Klimapolitik“, sagte Gewessler. Aus dem Bericht sei keine strukturellen Veränderung der österreichischen Treibhausgasentwicklung abzulesen.
Unverständnis gab es bei Gewessler auch beim Emissionsanstieg im Verkehrsbereich. Es „liegen die nötigen Maßnahmen längst auf dem Tisch: Öffi-Offensive und radikale Tarifreform, das Ende der Steuerprivilegien von Kerosin und Diesel und ein Planungsstopp bei Fehlinvestitionen im Verkehrsbereich. Österreich braucht Infrastruktur auf Klimaschutzkurs statt Autobahnausbau und Dritte Piste“, sagte die Grüne. (APA)