Grüner Wahlkampfleiter Fiesel: „Schließen Koalition mit ÖVP nicht aus“
Der Tiroler Thimo Fiesel leitet den grünen Wahlkampf. Rund 1,6 Millionen Euro will die Ökopartei dafür ausgeben. Die Akademieförderung, die laut Rechnungshof gesetzeswidrig verwendet worden ist, wird zurückgezahlt.
Nicht nur die Grünen setzen auf den Klimaschutz — inzwischen tun das auch die anderen Parteien. Ist das glaubwürdig?
Thimo Fiesel: ÖVP, SPÖ und NEOS tun eigentlich nichts für den Umweltschutz. Für uns ist es ein Vorteil, dass die Themen, für die wir uns seit Jahrzehnten einsetzen, nun relevant sind. Dadurch sind wir glaubwürdig. Es geht aber auch darum, zeitnah Schritte zu setzen. Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel spürt. Ich mache mir wirklich Sorgen um meine Kinder und die nachfolgenden Generationen. Es braucht nicht nur Sonntagsreden, sondern auch Lösungen — und die haben wir.
Man hört immer wieder, dass die ÖVP mit den Grünen koalieren möchte. Sind die Grünen bereit für eine Koalition mit Kurz?
Fiesel: Wir sind sicher keine Mehrheitsbeschaffer für die Fortführung dieses türkisen Kurses. Wir haben eine klare Position in der Umweltpolitik, aber auch in der Sozialpolitik. Mit der Sozialhilfe hat Schwarz-Blau in diesem Land eineinhalb Jahre Kinderarmut gefördert. Es ist schwer vorstellbar, dass wir uns auf inhaltlicher Ebene überschneiden. Trotzdem werden wir uns das — wenn sich bestimmte Mehrheiten nach der Wahl ausgehen — anschauen. Sondierungsgespräche über alle möglichen Regierungskoalitionen zu führen, ist die Verpflichtung jeder Partei, die sich und die demokratischen Prozesse ernst nimmt.
Also ausschließen tun Sie eine Koalition mit der ÖVP nicht?
Fiesel: Wir schließen das nicht kategorisch aus. Wenn ich mir aber anschaue, wie sich die türkise ÖVP in den letzten eineinhalb Jahren inhaltlich positioniert hat, geht das mit unseren grünen Kernforderungen nicht zusammen. Wobei man die türkise ÖVP nicht mit der Tiroler ÖVP vergleichen kann.
Umfragen sagen den Grünen elf, zwölf Prozent voraus. Wieso ist da nicht mehr drin, angesichts der für die Grünen vorteilhaften Themenlage? Stichwort: „Fridays for Future"-Bewegung?
Fiesel: Für uns geht es zuallererst um den Wiedereinzug in den Nationalrat, dafür müssen wir jetzt kämpfen. Das sind aktuell sehr gute Umfragewerte, wenn man das mit den vorherigen Wahlergebnissen vergleicht. Aber noch ist nichts gewonnen.
Apropos Umfragen: Nach jetzigem Stand wird es die Liste Jetzt nicht in den Nationalrat schaffen. Die Liste wurde vor allem wegen Peter Pilz gewählt. Wie wollen Sie Wähler von ihm zu den Grünen holen?
Fiesel: Wir wollen nicht irgendwelche Wähler herholen, wir haben ein klares Programm. Wir stehen für Transparenz, für Korruptionsfreiheit, für Kontrolle und für Umweltschutz. Wir werden auf unseren Themen draufbleiben und einen klaren, pointierten, glaubwürdigen Wahlkampf führen.
War es nie eine Option, Peter Pilz in die Partei zurückzuholen? Es gibt ja viele, die ihn wegen seiner jahrelangen Erfahrung und seiner Aufdecker-Arbeit gewählt haben.
Fiesel: Peter Pilz hat 2017 selbst entschieden, ein eigenes Projekt zu starten. Wir sind damals aus dem Parlament geflogen durch eine Verkettung von verschiedenen Dingen, nicht nur weil Peter Pilz eine eigene Liste gegründet hat. Warum also einen Schritt zurückgehen? Wir schauen nach vorne.
Wie hoch ist das Wahlkampfbudget?
Fiesel: Wir haben circa 800.000 Euro budgetiert — also die Bundespartei. Die Grünen in den Bundesländern werden zusätzlich etwa 600.000 Euro ausgeben. Dazu kommen Personalkosten um rund 200.000 Euro.
Woher kommt das Geld?
Fiesel: Einerseits durch die Wahlkampfkostenrückerstattung. Wir bekommen ja von der EU-Wahl Geld zurück. Den Rest decken wird hauptsächlich durch Spenden, aber auch durch Eigenmittel. Das Geld, das die Länder ausgeben, kommt natürlich aus den Landesparteiförderungen.
Wird das alles publik gemacht?
Fiesel: Ja, sicher. Wir legen die Budgets und die Kosten zur Gänze offen. Dazu gehören auch die Personalkosten. Bei den anderen Parteien, die immer von Transparenz reden, bin ich mir da nie sicher, dass sie die Personalkosten auch zur Gänze hineinrechnen.
Der Rechnungshof ortet unter anderem bei den Grünen eine gesetzeswidrige Verwendung der Akademieförderung. Wird das Geld zurückgezahlt?
Fiesel: Alles, was dort nicht rechtens war, wird natürlich zurückgezahlt. Da geht es um 4000 Euro. Konkret war die Kooperationsvereinbarung mit den Jungen Grünen nicht ganz klar. Das wurde aber mit dem Rechnungshof besprochen. Die Geschichte hat sich aufgeklärt.
Das Gespräch führte Serdar Sahin