Von Elbigenalp nach Japan: “Stocker Technik“ startete von Garage aus durch
Stocker Technik hat in Japan als erstes österreichisches Unternehmen ein Wasserkraftwerk errichtet. Die Wirtschaftskammer räumte in Tokio die bürokratischen Hürden aus dem Weg.
Von Helmut Mittermayr
Elbigenalp –Für eine Sache brennen – das zeichnet Peter Stocker aus. Der Lechtaler gründete vor zehn Jahren sein eigenes Unternehmen. Der studierte Maschinenbauer aus Häselgehr drängte in einen Markt mit vielen großen Playern. Ein kleiner sollte doch mit Lösungen für kleine, spezielle Anliegen von Kunden reüssieren können, dachte er – und behielt Recht. Wasserkraftwerke, spezielle Wehre, Seilbahnen, Anlagenbau, Umwelttechnik – das Portfolio des Betriebes deckt einen großen Bereich ab.
Gestartet wurde die große Unternehmung 2009 in einer Garage in Grießau – die bald aus allen Nähten platzte. Eines Tages meldeten sich nach einem Messeauftritt Stockers plötzlich japanische Interessenten: Ob er sich vorstellen könne, ein (Trink-)Wasserkraftwerk in Hinohara in der Präfektur Tokio zu errichten? Nach einem Besuch der japanischen Delegation aus der japanischen Megacity in Stockers Garage im Lechtal glaubte er angesichts der Firmenpräsentation nicht mehr an einen Erfolg. Doch der Auftrag kam – und hier gleich die Wirtschaftskammer ins Spiel. „Unser Außenwirtschaftscenter ist weltweit an den Botschaften angegliedert, tritt als offizielle Vertretung auf und ist bestens vernetzt“, erklärt Wolfgang Winkler, Bezirksstellenleiter der WK Reutte, den es unglaublich freut, dass die Türöffnerfunktion für Stocker Technik in Japan funktioniert hat. „Die WK konnte über die japanischen Handelskammer alle Formalitäten wie Zulassung und Zertifizierungen der Anlagen abwickeln“, sagt Winkler. Dem Lechtaler Unternehmer ist die Rolle der Wirtschaftskammer bei diesem Fernostgeschäft bewusst: „Die haben uns brutal geholfen.“ Mit der Inbetriebnahme der Anlage hat erstmals ein österreichisches Unternehmen ein Wasserkraftwerk in Japan errichtet. Stocker spricht von einem Umdenken nach dem Reaktorunglück von Fukushima, was die Energieerzeugung betreffe.
Vor einem Jahr ist das Kraftwerk in Betrieb gegangen. Weltweite Folgeaufträge sind in der Pipeline. Und seit der ersten Anfrage aus Nippon hat sich viel getan. Das Unternehmen siedelte nach Elbigenalp um, wo es sich im kdg-campus zuerst einmietete und zuletzt einen Teil des Gebäudes erwarb. „Ein Glücksfall für uns. Hier haben wir auch noch Platz zum Expandieren. Und wir wollten immer im Lechtal bleiben“, erklärt Peter Stocker. Dies sei gar nicht so selbstverständlich gewesen. „Man würde es kaum glauben, aber von Stanzach aufwärts gibt es im gesamten Lechtal keinen bebaubaren Gewerbegrund“, gibt er zu bedenken. Die Mitarbeiterzahl ist auf 15 angewachsen, auch ein fast logischer Partner eingestiegen. Die Reuttener EWR AG halten 24,9 % der Stocker Technik und widmen sich dem betriebswirtschaftlichen Part wie Lohnverrechnung und Buchhaltung.
Der promovierte Physiker Serafin Knitel, in Big-Bang-Theory-Maßstäben der Sheldon des Unternehmens, hat knifflige Aufgaben zu bewältigen. Etwa das patentierte Coanda-Wehr, das nicht verstopfen kann, weiterzuentwickeln. Er sagt über Stocker: „Ein Nein gibt es bei ihm nie. Er nimmt jeden Auftrag an und erst dann überlegt er, wie man ihn technisch meistern könnte.“ Stocker will gar nicht widersprechen: „Wenn man nicht ein gewisses Risiko eingeht, kommt man nicht vom Fleck. Wir haben noch immer eine Lösung gefunden.“