Innenpolitik

Die Hälfte der Regierungsstudien wird nie veröffentlicht

Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.
© REUTERS/Bader

Seit Juni 2018 haben die Ministerien Studien für fast zehn Millionen Euro in Auftrag gegeben, die Hälfte davon könnte aber unter Verschluss bleiben. Die NEOS fordern Transparenz und ein „modernes Informationsfreiheitsgesetz“.

Wien – Die Regierung hat seit Juni 2018 Studien im Wert von fast zehn Mio. Euro in Auftrag gegeben. Wie Anfragen der NEOS ergeben haben, könnte aber die Hälfte davon unter Verschluss bleiben: Von insgesamt 218 Papieren wurden erst 39 veröffentlicht, bei 76 weiteren ist das geplant. Die NEOS kritisieren die mangelnde Transparenz und fordern ein „modernes Informationsfreiheitsgesetz“.

Insgesamt haben die Ministerien von Juni 2018 bis Sommer 2019 laut den von den NEOS ausgewerteten Daten 218 Studien in Auftrag gegeben, mit Kosten von 9.912.391,83 Euro. In Summe geben die Ministerien an, 80 Studien entweder unter Verschluss halten zu wollen oder noch nicht über die Veröffentlichung entschieden zu haben.

51 Studien für das Sozialministerium

Spitzenreiter bei den Aufträgen war das Sozialministerium mit 51 Studien für knapp 3,2 Millionen Euro. Neun dieser Studien wurden bisher veröffentlicht, bei 28 ist das immerhin geplant. Sehr aktiv war auch das Bildungsministerium mit insgesamt 45 in Auftrag gegebenen Studien im Wert von über einer Mio. Euro.

Rund 1,5 Millionen Euro haben sowohl das Verteidigungs- als auch das Verkehrsministerium für diverse Studien eingeplant. Im Verkehrsministerium bleiben zwölf Studien unter Verschluss. Das Verteidigungsministerium machte als einziges Ressort gar keine Angaben darüber, ob und wenn ja wie die Unterlagen veröffentlicht werden sollen.

Evaluierungen werden ungern veröffentlicht

Besonders ungern veröffentlicht werden Evaluierungen: So wird die Öffentlichkeit vom Verkehrsministerium nicht erfahren, wie die Wirksamkeit der Technologiebüros (OSTA) an den Botschaften in Washington und Peking eingeschätzt wird, wie die zusätzliche praktische Ausbildung für Motorradführerscheine wirkt und wie die Verkehrssicherheitskampagne „Keine Drogen am Steuer“ bewertet wird. Das Familienministerium lässt die Familienberatungsstellen bis 2020 evaluieren, will das Ergebnis aber ebenfalls nur intern verwenden. Und im Wirtschaftsministerium bleibt u.a. eine Studie zur Bürgerbeteiligung bei Handelsabkommen unter Verschluss.

Grundsätzlich werden die Studien von den NEOS gut geheißen. „Evidenzbasierte Arbeit ist in der Politik enorm wichtig und hilfreich. Dementsprechend ist es wesentlich, regelmäßig Studien durchzuführen“, so Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Die Inhalte der Studien müssten allerdings für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich gemacht werden. „Immerhin finanzieren sich jene Studien durch Steuergeld“, betont Scherak. Er fordert daher einmal mehr ein „modernes Informationsfreiheitsgesetz“, das die Ministerien verpflichtet, ihre Informationen allumfassend zu teilen. (APA)

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