Architektur

Gebauter Landschaftsteppich

In mehreren Terrassen schmiegt sich der Neustifter Schulcampus in den leicht abfallenden Hang, verbunden durch ober- wie unterirdisch geführte Treppen.
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In dem von fasch&fuchs.architekten entworfenen neuen Schulcampus von Neustift im Stubaital wäre man gern wieder Schüler. Nicht zuletzt wegen des internen Schulwegs.

Von Edith Schlocker

Neustift im Stubaital –Dass „neues Lernen“ in traditionell gebauten Schulhäusern nicht wirklich funktionieren kann, liegt eigentlich auf der Hand. Der Schulcampus, den die im Entwerfen von Projekten dieser Art sehr erfahrenen fasch&fuchs.architekten als Gewinner eines EU-weit offenen zweistufigen Bewerbungsverfahrens in Neustift im Stubaital gebaut haben, basiert allerdings exakt auf den Vorgaben, die Schule von heute räumlich im Idealfall zu bieten hat. Wobei sich in Neustift die rund 500 Besucher der Volksschule, der Neuen Mittelschule, der Schule samt Internat für die Skimittelschüler und der Polytechnischen Schule einen riesigen Campus teilen.

Zelebriert an einem leicht abfallenden Hang als komplexes, durch zwei markante Kopfgebäude markiertes Raumgefüge. Das eine, das direkt an der Bundesstraße steht, ist lang, schmal und zweigeschoßig, sein Pendant ist ein Kubus mit fünf Geschoßen. Zusammengebunden durch einen kaskadenförmig dem Hang folgenden niedrigen Gebäudeteppich, der über Rampen und Stiegen teilweise in-, teilweise outdoor erschlossen wird.

Ein Haus, das eigentlich mehrere Häuser und noch dazu mit den unterschiedlichsten Identitäten ist, zu kreieren, ist Hemma Fasch und Jakob Fuchs in Neustift wunderbar gelungen. Die verwendeten Materialien wie Sichtbeton, Glas und geweißtes Holz für die Böden sind pur, kommen oft fast roh daher. Dazu passt, dass die Technik – etwa für das intelligente Lüftungskonzept – nicht versteckt wird. Während für emotional unterschiedliche Atmosphären ein ausgeklügeltes, zwischen einem hellen Blau und kräftigen Rot lavierendes Farbkonzept sorgt.

Trotz der Größe des Schulcampus ist die Orientierung leicht, nicht zuletzt wegen der Durchlässigkeit der architektonischen Struktur, die Durch- und Ausblicke in sämtliche Richtungen ermöglicht. Betritt man den durch Sitzstufen von der Straße abgeschotteten Vorplatz des Gebäudes, steht man am Dach des riesigen, sich von oben durch Bullaugen Licht holenden Turnsaales. Der Eingang zur Aula ist geschützt in den horizontal hingelagerten, durch durchgehende Fensterbänder strukturierten Baukörper hineingezogen.

Die Volks- und Mittelschule ist im Sinn eines neuen, offenen Lernens in Clustern organisiert, die jeweils rund um einen „Marktplatz“ angeordneten vier bis fünf Klassen sind durch variable, erfrischend bunte Möbel multifunktional bespielbar. Die lange, breite Treppe, die die beiden Geschoße verbindet, lädt zum Spielen und Lesen, zum Beliegen oder Besitzen ein.

Vielfach gefaltet und gegliedert schmiegen sich weitere großzügig verglaste, aus Räumen, kleinen Plätzen und Treppen bestehende Gebäudeteile in sechs Kaskaden terrassenförmig in den Hang. Um auf diese Weise zur begrünten, mit Oberlichten und Treppen durchsetzten, begeh- und bespielbaren künstlichen Landschaft zu werden. Das Ende des ober- wie überirdisch geführten Schulwegs der besonderen Art endet im großen Speisesaal, der an das aus Sichtbeton plus Glas gebaute, an drei Seiten von durchgehenden hölzernen Balkonen ummantelte Internatsgebäude angedockt ist. Intern erschlossen durch ein sich um einen verglasten runden Ausschnitt im Dach windendes Stiegenhaus.