Kino

„So wie du mich willst“: Gefährliche Liebschaften

Juliette Binoche spielt eine Literaturdozentin, die sich für eine Online-Romanze jünger macht.
© Thimfilm

Kino-Raffinesse auf den zweiten Blick: „So wie du mich willst“ mit Juliette Binoche.

Von Marian Wilhelm

Innbruck –Es gibt Filme, die sich kurz vor Schluss neu erfinden. „Celle que vous croyez“ („So wie du mich willst“) mit Juliette Binoche ist einer davon. Zunächst eine zärtlich-tragische Romanze, nach dem gleichnamigen Roman der in Frankreich gefragten Autorin Camille Laurens. Protagonistin Claire Milaud ist eine 50-jährige Literaturprofessorin, die im Hörsaal zu Choderlos de Laclos „Gefährliche Liebschaften“ doziert. Sie ist eine typische Pariser Intellektuelle mit säuberlich geordneten Gallimard-Bänden im Regal und hochkulturaffinem Freundeskreis.

Als sich ihr junger Liebhaber Ludo nicht mehr meldet, wird die alleinerziehende Mutter zweier Söhne erfinderisch. Um einige Jahrzehnte verjüngt nimmt sie als Clara via Facebook Kontakt zum Mittzwanziger Alex auf. Die virtuellen Zuneigungen geben ihr Trost. Ihre Freunde konfrontieren sie schon mit dem despektierlichen Ausdruck „Cougar“ und fragen sich zugleich, warum es für einen älteren Mann mit einer jungen Frau keine Entsprechung gibt.

Doch als der Online-Flirt immer ernster wird, hat Claire/Clara Schwierigkeiten, einem realen Treffen mit ihrer virtueller Liebe auszuweichen. In klassischen Unterbrechungen erzählt Claire im Rückblick ihrer neuen Therapeutin davon, verschweigt jedoch einige wesentliche Aspekte.

Etwa eine Stunde gibt sich Regisseur Safy Nebbou für diese oberflächlich vor sich hin plätschernde Online-Romanze samt Telefonsex-Szene und schmachtenden Seufzern. Die Liebe wird lediglich behauptet, doch der romantische Mythos lebt von der Illusion des Besonderen. Das erzählt der Film – vielleicht bewusst – nicht.

Die geniale und zurzeit im Kino omnipräsente Juliette Binoche verleiht ihrer Figur dennoch Glaubwürdigkeit. Doch dann setzt der Film noch einmal an – und erzählt seine Geschichte anders. Claire selbst greift zur Feder und bringt „Les vraies confidences (wahre Geständnisse)“ zu Papier. Realität und Fiktion verschwimmen. Diesmal doziert Claire über Ibsens „Nora“. Und über Literatur als Blaupause für die naive Romantik. Und über Romantik als durchaus selbstbewusste Konstruktion. Damit wird „Celle que vous croyez“ doch noch raffinierter als zunächst erwartet.

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