Hubschrauber-Notarztsystem: „Wir wollen retten, was noch zu retten ist“
Es gibt im Defereggental und im Pustertal Sorge, dass das Iseltaler Hubschrauber-Notarztsystem weiter ausgedehnt werden könnte.
Von Christoph Blassnig
St. Jakob, Innervillgraten –Vier Vertreter all jener 5000 Menschen, die unter anderem für den Erhalt der medizinischen Versorgung im System von Gernot Walder unterschrieben haben, bekundeten in einem Pressegespräch in Lienz ihre Sorge um die Zukunft ihrer Gesundheitsversorgung. Begleitet hat sie der Landtagsabgeordnete Markus Sint (Liste Fritz).
In St. Jakob im Defereggental hat Gernot Walder vor zwei Jahren die vakante Kassenstelle seines Vorgängers Ottokar Widemair übernommen, und zwar im Team mit vier weiteren Ärzten. Die Mediziner wechseln sich bei den Diensten ab, besetzen die Ordination so rund um die Uhr und fahren zu Visiten bis in die entlegensten Ortschaften. Eine rechtlich abgesicherte Organisationsform gibt es für dieses Modell bis heute nicht. „Wir sind, oder vielleicht besser, wir waren lediglich geduldet“, erklärte Walder schon vor Monaten gegenüber der Tiroler Tageszeitung. Wohnhaft ist Walder in Außervillgraten, wo er als Wahlarzt eine Ordination mit angeschlossenem Labor betreibt. Die beiden Gemeinden liegen rund 70 Kilometer voneinander entfernt. Das Hoffen auf die Schaffung einer Kassenstelle in Außervillgraten war bisher vergeblich.
„Wenn sich nicht bald etwas zum Positiven verändert, kehrt uns Gernot Walder endgültig den Rücken in Osttirol“, befürchtet Sabine Walder aus Innervillgraten. „Ich habe selbst erlebt, dass von meinem Notruf bis zum Eintreffen der Rettung 35 Minuten vergangen sind – ohne Notarzt an Bord.“ Die Menschen im Villgratental würden Gernot Walder vertrauen. „Er kommt auch auf Tourenskiern zum Notfallpatienten.“ Die Kosten für Hubschrauberflüge würden schlussendlich natürlich auf die Bevölkerung umgelegt. „Das Volk ist nicht dumm“, formulierte Walder spitz.
Ähnlich besorgt äußerte sich Illy Ladstätter aus St. Jakob: „Unsere insgesamt fünf Ärzte kennen das Land und die Leute von ihren regelmäßigen Visiten. Sie sind schnell da und wissen, was zu tun ist.“ Man brauche endlich Rechtssicherheit. Stattdessen leite man gegen Landärzte und Mediziner Verfahren ein.
„Nach der Zerschlagung des Verbandes im Iseltal sehen wir jetzt alle, was dabei herauskommt“, untermauerte Heinz Mellitzer, 76 Jahre alt und nach seiner Pensionierung von Wien nach St. Jakob übersiedelt, die Kritik. „Wir waren am Anfang skeptisch, doch die Ärzte sind erstklassig. Ich habe in Wien auch andere Erfahrungen machen müssen.“ Gerhard Passler ärgert, dass man im Iseltal zur niedergelassenen medizinischen Versorgung nun ein zweites, zusätzliches System installiert habe. „Zwei Gruppen, doppelt so viele Leute für dieselbe Sache. Was macht das für einen Sinn?“ Die Bevölkerung im Defereggental sei sehr beunruhigt. „Wir werden nicht schweigen.“
Der Landtagsabgeordnete Markus Sint erneuerte seinen Verdacht, dass es sich um einen politischen Deal zwischen Andreas Köll und der Landespolitik gehandelt haben müsse: „Das Bezirkskrankenhaus verliert 50 stationäre Betten, und weder der Obmann noch Primare oder Bürgermeister schrecken auf? Bei Natura 2000 waren die Iseltaler Gemeindechefs alle zur Stelle.“ Gemeinsam mit all jenen, die die Unterschriftenliste bereits unterzeichnet haben, verlange man von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg die rechtliche Absicherung des Systems im Defereggen- wie im Pustertal. „Die viel zitierte Modellregion Osttirol ist endlich umzusetzen. Wir wollen retten, was noch zu retten ist.“
Bis Redaktionsschluss war aus dem Büro von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg keine Stellungnahme zu erhalten.