Wiener U4-Sperre geht in die Zielgerade
Die Uhr tickt: Pünktlich zu Schulbeginn am 2. September muss alles fertig sein. Ab dann soll die Wiener U-Bahnlinie U4 zwischen Längenfeldgasse und Karlsplatz wieder fahren. Seit 29. Juni ist dieser Abschnitt komplett gesperrt, seither werken 200 Arbeiter Tag und Nacht an der Generalsanierung der Strecke. Dass es voran geht, sieht man auf den ersten Blick. Denn Schienen liegen inzwischen wieder.
Das war bis vor kurzem noch anders. „Wer vor einer Woche da war, hätte nicht gedacht, dass das noch einmal ein Gleis wird“, erinnerte sich Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer am Freitag bei einem Baustellenbesuch mit Medienvertretern. Überhaupt sei die Baustelle eine der schwierigsten und technisch komplexesten in der Geschichte der Wiener U-Bahn, versicherte der Chef. Denn immerhin befinde man sich mitten in der Stadt, was schon allein platzmäßig äußerst herausfordernd ist.
Auch wenn das Timing sehr eng sei - „wir werden es schaffen“, versicherte Steinbauer: „Es grenzt langsam an Zauberei.“ Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) zeigte sich ebenfalls mehr als angetan: „Es ist wirklich ein Gewaltakt.“ Die Zahlen sind tatsächlich beeindruckend: Auf 3,5 Kilometern wurden und werden in 1.650 Arbeitsstunden in Summe 209 Tonnen Schienen, 21.000 Kubikmeter Schotter, 2.500 Betonschwellen und 51.500 dazugehörige Schrauben verbaut. Ganze 266.000 Materialfuhren mit 80-Liter-Scheibtruhen sind innerhalb der Baustelle nötig.
Die Baustelle ist deshalb so aufwendig, weil nicht nur Schienen und Technik auf den aktuellen Stand gebracht werden, sondern noch zuvor der gesamte Untergrund saniert wurde. Dieser stammte nämlich noch aus der Zeit Otto Wagners, die schon durchlässige, noch aus Lehm bestehende Abdichtung zum Wienfluss wurde erneuert.
Inzwischen ist man jedenfalls im Finale. Am Freitagvormittag war im betreffenden Abschnitt auch schon die „Gleisstopfmaschine“ unterwegs. Dieses Ungetüm ist sozusagen für den Feinschliff der Trasse verantwortlich und sorgt für die richtige Ausrichtung, Neigung und Höhenlage der Schienen. Parallel wird noch altes gegen neues Schienenmaterial getauscht. Denn vorerst wurden noch einmal die alten Gleise, die in Fünf-Meter-Stücke portiert wurden, verlegt. Auf diesen rollt nun der „Zweiwegegleisbaubagger“ und ersetzt diese durch neue 15-Meter-Teile. Denn die großen Exemplare habe man aufgrund der beengten Umgebung nicht von oben einheben können, erklärte Wiener-Linien-Projektleiter Walter Zemen der APA.
In weiterer Folge wird dann der Strom wieder eingezogen. Gleichzeitig werden die Bahnsteige fertiggestellt. Der Fliesenleger muss beispielsweise noch Hand anlegen. Abrücken müssen die Baumaschinen eigentlich schon vor dem 2. September. Denn rund eine Woche vor Wiederaufnahme des Regelbetriebs werden noch Testfahrten durchgeführt. Die Pilgramgasse bleibt übrigens noch bis Ende Jänner 2020 gesperrt. Sie wird als Knotenpunkt mit der künftigen U2-Verlängerung vorbereitet.
Mit den Begleitmaßnahmen zur U4-Teilsperre wie dem Ersatzbus „U4Z“ und den verstärkten Intervallen von U3 und U6 sowie einigen Straßenbahn- und Buslinien zeigte sich Steinbauer übrigens zufrieden. Es habe sich ausgezahlt, die Fahrgäste im Vorfeld intensiv zu informieren. Die Beschwerden halten sich offenbar in Grenzen: „Die Baustelle findet in unserem Kundendienst quasi nicht statt.“
Die Sanierung der gesamten U4 läuft bereits seit einiger Zeit. Der Westast zwischen Meidling und Hütteldorf ist bereits erledigt. Es dürfte sich ausgezahlt haben. Denn dort gebe es inzwischen um knapp 50 Prozent weniger Ausfallskilometer, versicherten die Wiener Linien. Denn durch zusätzliche Einbauten stehe bei Störungen nicht mehr alles, sondern man könne etwa auf Ein-Gleis-Betrieb umstellen.