Politologe Filzmaier: „Sport ist wie eine Kiste auf einem Marktstand“
Der österreichische Politikwissenschafter Peter Filzmaier (52) misst den Sport in der künftigen Regierung nicht an einem eigenen Ministerium. Vielmehr gehe es um Budget, Kompetenzen und Reformfreudigkeit.
Für wie groß erachten Sie die Chance, dass das Sportressort in der neuen Regierung ein eigenes Ministerium erhält?
Filzmaier: Für gering, weil jede neue Regierung aus Imagegründen die Zahl zusätzlicher Regierungsmitglieder so gering wie möglich halten will. Alles andere wäre unpopulär. So gesehen befindet sich der Sport mit eigenständigen Ministeriumswünschen in einer langen Liste mit Umwelt, Gesundheit und vielem mehr.
Hat das inhaltlich weitreichende Bedeutung?
Filzmaier: Ein eigenes Sportministerium hätte Symbolcharakter, aber in Wahrheit stellte der Sport in Regierungsverhandlungen bislang nur Verschubmasse dar, so wie Kisten auf einem Marktstand. Und wieder wird die Frage auftauchen: „Und wo geben wir den Sport dazu?“ Ein wenig mehr Konstanz wäre wünschenswert, schließlich war das Ressort bislang schon im Vizekanzleramt, im Verteidigungs- oder Unterrichtsministerium eingegliedert.
Welche Möglichkeiten sehen Sie?
Filzmaier: Entweder der Sport wird einfach einem Ministerium zugeordnet oder man bildet dort ein eigenes Staatssekretariat. Hintergrund: Der Staatssekretär ist kein Regierungsmitglied, er gilt als Hilfsorgan des Ministers, dem man eigenständige Aufgaben übertragen kann. Doch oft wollen sich Minister lieber selbst inszenieren und im Lichte des Sports sonnen.
Ist es von Bedeutung, ob der Sport in der neuen Regierung nun das Etikett Ministerium trägt?
Filzmaier: Nein, das Ministerium stellt keine Schlüsselfrage dar, das hat eher Symbolcharakter. Viel mehr geht es um Kompetenzen und die Größe des Budgets.
Der vorerst letzte politische Vertreter des Sports hieß Heinz-Christian Strache in seiner Funktion als Vizekanzler. Lässt sich seine Arbeit angesichts der Kürze seiner Amtszeit bewerten?
Filzmaier: Strache nützte den Sport wie viele andere als Imageplattform, die Olympischen Winterspiele 2018 in Südkorea waren ja am Beginn seiner Amtszeit. Es war jedenfalls keine Periode, in der sich signifikant etwas veränderte, allerdings liegt das nicht nur an ihm.
Also lag es bei Strache vornehmlich an der Zeit?
Filzmaier: Es gibt zwei Seiten der Medaille, denn wenn man davon spricht, dass sich die Lehrergewerkschaft nur langsam bewegen würde, so gilt das für die Sportdachverbände zumindest genauso. Wenn es um Reformfreudigkeit geht, heißt es eher: „Bei den anderen gerne, aber nicht bei mir.“
Weil von Symbolcharakter die Rede war: Wie groß ist der, wenn es um das geplante Nationalstadion in Wien geht, das Strache forcierte?
Filzmaier: Die Symbolik ist gegeben, denn was Nationalstolz anbelangt, sind wir als Kleinstaat ganz weit vorne. Allerdings ist Österreich auch durch Förderalismus und Regionalstolz geprägt. Die anderen acht Bundesländer finden eine große Arena in Wien möglicherweise nicht so toll.
Das Gespräch führte Florian Madl