FPÖ-Sitzung: Strache soll noch heute aus der Partei geworfen werden
Hochrangige Blaue quer durch alle Länder machen den Ex-Chef für die Wahlschlappe verantwortlich. Formal vollzogen werden soll der Rauskick bei der Parteisitzung in Wien.
Von Karin Leitner
Wien — „Es reicht!" Das ist der Tenor in blauen Reihen — was Heinz-Christian Strache anlangt. Hochrangige Blaue drängen darauf, dass ihr Ex-Chef aus der FPÖ geschmissen wird — wegen parteischädigenden Verhaltens. Formal vollzogen werden soll der Rauskick bei der heutigen Parteisitzung in Wien.
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Strache sei für den großen Zuspruchverlust — minus zehn Prozentpunkte, damit nur noch 16,1 Prozent — bei der Nationalratswahl verantwortlich, heißt es in allen Landesorganisationen. Ob seiner Spesenaffäre hätten viele bisherige Anhänger die FPÖ nun nicht gewählt — oder für den vormaligen Koalitionspartner ÖVP gestimmt. Das könne nicht folgenlos bleiben.
Der steirische Parteiobmann Mario Kunasek, der auch Bundesvizechef ist, sagt: Sollte sich bewahrheiten, was Strache vorgehalten wird, dann sehe er „keine andere Möglichkeit", als dem ehemaligen Obmann adieu zu sagen. Der Vorarlberger FPÖ-Frontmann Christof Bitschi formuliert es deftiger: Es müsse „aufgeräumt werden in Wien". Ein „systematischer Neustart" sei notwendig. „Und dazu braucht es auch den Parteiausschluss der Person Strache. Es muss jedem klar sein: Durch dieses inakzeptable Verhalten wurde der FPÖ und dem Land großer Schaden zugefügt." Es sei in Wien in den vergangenen Wochen und Monaten „offensichtlich zu Vorgängen gekommen, die für uns als Vorarlberger FPÖ inakzeptabel sind. Da gilt es endgültig klare Konsequenzen zu ziehen."
Haimbuchner kündigte Suspendierung an
Der oberösterreichische Landesrat Manfred Haimbuchner kündigte eine Suspendierung Straches an. Sein niederösterreichischer Kollege Gottfried Waldhäusl befindet: Hätte Strache gemacht, was Johann Gudenus nach dem Ibiza-Video getan habe, „wäre uns das erspart geblieben". Gudenus verließ die Partei; im Wahlkampf war er verbalasketisch.
Strache war das nicht. Via Facebook hatte er sich zum Missfallen der neuen FPÖ-Führungstruppe immer wieder geäußert. Am Wahltag konstatierte er dort gegen Mitternacht: „Ein trauriger Tag ? Aber es geht weiter ?" Vergangenes Wochenende hatten die FPÖ-Oberen Strache nahegelegt, selbst aktiv zu werden — und die Parteimitgliedschaft ruhend zu stellen. Vergeblich.
Manche Funktionäre fürchten Straches Rache, wenn er vor die FPÖ-Tür gesetzt wird. Sie vermuten ja, dass er kurz vor der Wahl „hinausgespielt" hat, dass die Partei die Gartenmauer rund um das burgenländische Anwesen des jetzigen FPÖ-Obmannes Norbert Hofer gezahlt hat. Er könnte alsbald Medien Weiteres übermitteln, das die Partei in Erklärungsnot bringt.
Dass Strache bei der Wien-Wahl im kommenden Jahr mit einer eigenen Liste antritt, glauben Freiheitliche nicht mehr. Nicht nur, weil die behördlichen Ermittlungen gegen ihn nicht gut ausgehen könnten, sondern auch, weil ihm die Finanzmittel dafür fehlten. Gönner würde er keine finden, sagen Blaue.
Philippa verzichtet auf Mandat
Strache, der bis zum Ibiza-Skandal auch Vizekanzler war, hat ja keinen Polit-Job mehr. Und er muss den Mietzuschuss, den ihm die Wiener FPÖ gewährt hat (2500 Euro monatlich) zurückzahlen. Jene Summe, die er nach seinem Rücktritt bekommen hat, ist zu refundieren — 11.500 Euro.
Straches Ehefrau Philippa dürfte fortan kein Einkommen aus der Politik lukrieren. Sie ist auf der Wahlliste der Wiener FPÖ auf dem dritten Platz gereiht gewesen. Die Partei hat zwar nur zwei Mandate errungen, wenn Harald Stefan aber den Regionalwahlkreis-Sitz annimmt, fällt das Mandat Philippa Strache zu. Gestern wurde allerdings kolportiert, dass sie es nicht annehmen wolle — ob des Umgangs der Parteifreunde mit ihrem Gatten.
Die Straches sind aber nicht das einzige Problem von Hofer & Co. Sie müssen die Partei wieder in die Höhe bringen. Ein „Neustart" sei vonnöten, eine „Wählerrückholaktion" zu starten, sagt Generalsekretär Harald Vilimsky. „Neue Gesichter" müssten „verantwortungsvolle Rollen" bekommen.
"Neue Gesichter" gefordert
Lange zuwarten können er und die Seinen mit all dem nicht. Bis zur Wahl in Vorarlberg ist nichts auszurichten; die ist bereits am 13. Oktober. Ende November wird in der Steiermark gewählt, kommendes Jahr im Burgenland, detto in Wien.
Angedacht wird, dass der ehemalige Innenminister Herbert Kickl in der Bundeshauptstadt kandidiert. Er sei von seiner Agenda her — rigorose Ausländer- und Sicherheitspolitik — der ideale Mann dafür, sagen Gesinnungsfreunde. Als Klubobmann im Nationalrat habe er eine Bühne; als geschäftsführender Fraktionschef hat Kickl seit seinem Abgang aus der Regierung ja schon gewerkt.
Für Hofer ist eine Funktion vorgesehen, die er schon innehatte. Von 2013 bis 2017 war er Dritter Nationalratspräsident. Vorerst könnte er als solcher FPÖ-Chef bleiben, à la longue wären die beiden Posten aber nicht kompatibel, meinen Blaue. Kickl sollte an die Spitze der Partei.
Mit ihm gäbe es wieder jene Brachialoppositionspolitik, die er viele Jahre lang gemacht hat. Selbst als Regierungsmitglied konnte er nicht von der Rhetorik, derer er sich als Generalsekretär bedient hatte, lassen.
Ein FPÖ-Kenner warnt im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung vor dem Kickl-Stil. Dieser gefalle Hardcore-Blauen. Ein breites Publikum könne mit „Hosentürl"-Sagern nicht angesprochen werden. „Es muss aber das Ziel der FPÖ sein, wieder in eine Regierung zu kommen."