Lage nach Feuertod in Flüchtlingslager auf Lesbos angespannt
Nach dem Tod von zwei Migranten - einer Mutter und ihres Kindes - auf der griechischen Insel Lesbos bleibt die Lage am Montag im Registrierlager von Moria äußerst angespannt. „Tausende Migranten müssen so schnell wie möglich aufs Festland. So kann es nicht weitergehen“, sagte der Bürgermeister der Inselhauptstadt Mytilini, Stratos Kytelis, dem griechischen Nachrichtensender Skai.
Die Regierung in Athen wollte um die Mittagszeit bei einer Krisensitzung unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis beraten, wie es weitergehen soll. Bereits vergangene Woche hatte Athen beschlossen, mehr als 10.000 Migranten von den Inseln zum Festland zu bringen.
Die Mutter und ihr Kind seien bei einem Feuer in einer Containerwohnung im völlig überfüllten Lager von Moria ums Leben gekommen, berichtet das Staatsfernsehen (ERT). Wie das Feuer ausbrach, blieb zunächst unklar. Es lagen unbestätigte Informationen vor, wonach aufgebrachte Migranten das Feuer gelegt haben sollen. Dies wurde jedoch zunächst nicht von der Feuerwehr bestätigt.
Nachdem der Tod der Menschen bekannt wurde, gingen Hunderte aufgebrachte Asylsuchende, mehrheitlich Jugendliche - auf die Polizei und die Beamten los, die im Lager arbeiteten. Sie schleuderten Steine und andere Gegenstände und legten Feuer.
Zudem hätten sie versucht, festgenommene Migranten aus einem Containergefängnis zu befreien, berichteten Reporter vor Ort. Mindestens acht Containerwohnungen seien zerstört worden. „Sie schlugen alles kurz und klein. Wir haben Angst“, sagte ein Einwohner des nahegelegenen Dorfes Moria dem griechischen Nachrichtensender Skai.
„Wir wurden angegriffen und konnten nicht sofort die Feuer im Lager löschen. Wir hatten Angst um unser Leben“, berichtete auch der Sprecher der Gewerkschaft der Feuerwehrleute von Lesbos, Georgios Dinos, im griechischen Fernsehen. Ein anderes Feuer, das in einem sogenannten Satellitenlager außerhalb des Registrierlagers von Moria ausgebrochen war, konnte die Feuerwehr unter Einsatz eines Löschflugzeugs schnell löschen, wie das Fernsehen zeigte.
Die Regierung brachte in der Nacht mit einem Transportflugzeug des Typs C-130 zusätzliche Einheiten der Bereitschaftspolizei nach Lesbos. Die Polizei setzte massiv Tränengas ein, um die aufgebrachten Migranten zurückzudrängen, berichteten Reporter.
Die UNO forderte nach dem tödlichen Brand von der griechischen Regierung „sofortige“ Abhilfemaßnahmen. Die Überführung von Flüchtlingen auf das griechische Festland müsse „beschleunigt“, die Lebensbedingungen in dem Lager müssten „verbessert“ werden, sagte der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Boris Cheshirkov.
Wer tausende Menschen in einer „ausweglosen Lage“ festsetze, sei „mitverantwortlich“, wenn die Lage eskaliere, erklärte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Den Schutzsuchenden werde zum Teil über Jahre hinweg der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verweigert.
Die neue griechische Regierung will bis Ende 2020 insgesamt 10.000 Flüchtlinge in die Türkei zurückführen. Dies erklärte die konservative Regierung am Montag in Athen nach einer Krisensitzung des Kabinetts. Diese war nach dem tödlichen Brand im chronisch überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos einberufen worden.
Die neue Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sieht in der angekündigten Maßnahme eine Abkehr von der Migrationspolitik der linken Vorgängerregierung. Unter der Syriza-Regierung von Ex-Ministerpräsident Alexis Tsipras seien in viereinhalb Jahren nur 1806 Geflüchtete in die Türkei zurückgebracht worden, hieß es in der Erklärung.
Zudem kündigte die Regierung mehr Grenzpatrouillen in der Ägäis und die Errichtung geschlossener Lager für illegale Einwanderer oder abgewiesene Asylbewerber an. Zudem sollen auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge weiter aufs Festland verlegt werden.
Auf den der Türkei vorgelagerten Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos sind derzeit rund 30.000 Flüchtlingen unter teils prekären Umständen untergebracht, weil der Zustrom von Migranten aus der Türkei in den vergangenen Wochen zugenommen hat. Ihre Zahl ist die höchste seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Flüchtlingspaktes im März 2016.