Wiener Konferenz zum Schutz von Zivilisten in Kriegsgebieten
Zivilisten in Kriegsgebieten geraten zunehmend ins Fadenkreuz der Kämpfe. Auf österreichische Initiative beginnt aus diesem Grund am heutigen Dienstag eine zweitägige Konferenz zum „Schutz von Zivilisten in urbanen Kriegsgebieten“. Ziel ist, eine Grundlage für eine Politische Deklaration zu erarbeiten, die im Frühling stehen soll.
„Durchschnittlich sind 90 Prozent der Opfer bei kriegerischen Auseinandersetzungen im urbanen Bereich Zivilisten, und das ist eine Zahl die viel zu hoch ist“, kritisierte Außenminister Alexander Schallenberg, der die Eröffnungsrede am Dienstag im Austria Center halten wird, in einer Videobotschaft im Vorfeld. Die Zerstörung zentraler Infrastruktur wie Strom- und Wasserversorgung oder Krankenhäuser, so Schallenberg unter Berufung auf eine Studie, sei zudem ein bedeutender Fluchtgrund.
Niemand weiß genau, wie viele Zivilisten bisher durch Kampfhandlungen im urbanen Raum getötet oder verletzt wurden. Die Nichtregierungsorganisation Action on Armed Violence (AOAV) registrierte im vergangenen Jahr insgesamt 22.343 zivile Opfer durch Explosionswaffen - davon kamen 9.621 Menschen ums Leben. Diese Zahlen seien aber „nur die Spitze des Eisberges“, betonte der Leiter der Abrüstungsabteilung im Außenministerium, Thomas Hajnoczi, bei einen Gespräch mit Journalisten. Die NGO beruft sich dabei allein auf englischsprachige Berichterstattung. Zivilisten, die psychologische Folgeschäden erleiden, sind da ebenso nicht berücksichtigt.
Der Diplomat führte mehrere Gründe für die zunehmende Gefahr für Zivilisten an. „Die Kriegsführung hat sich geändert“ und sich mehr in den urbanen Raum verlagert, erklärte Hajnoczi. Konfliktparteien verstießen immer öfters gegen das Internationale Humanitäre Völkerrecht: So würde nicht mehr zwischen Zivilisten und Kombattanten unterschieden, Angriffe durchgeführt auch wenn mit unverhältnismäßigen Verlusten unter der Zivilbevölkerung oder der Infrastruktur zu rechnen sei.
Als besonders gefährlich für die Zivilbevölkerung sind nach Angaben Hajnoczi explosive Waffen mit einem großen Einwirkungskreis, ungenaue Waffen und Streumunition. Der Experte betonte aber auch, es gehe nicht „darum gewisse Waffen zu verbieten, sondern wie die Waffen eingesetzt werden“ und dafür sei auch „kein neues Rechtsinstrument“ aber eine „gleiche Interpretation“ und „eine bessere Implementierung“ notwendig.
Vor drei Jahren erklärte der damalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon - unter anderem auch auf Druck der Zivilgesellschaft - den „Schutz der Zivilisten in urbanen Kriegsgebieten“ zu einer Priorität. Seitdem arbeitet Österreich federführend mit anderen Staaten, den Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen wie etwa dem Netzwerk INEW an einer unterstützenden Strategie - alles auf freiwilliger Basis. An der medienöffentlichen Konferenz in Wien nehmen insgesamt 450 Personen aus Dutzenden Staaten und Organisationen teil.