Tourismus mit Datenflut „überfordert“
Tourismus verpulvert viel Geld für Datenfriedhöfe, warnt ein Manager und fordert Vernetzung. Österreich Werbung soll umgebaut werden.
St. Johann –„Wir stehen im Tourismus an einer Zeitenwende“, sagt Florian Größwang von der Österreich Werbung. Der kleinteilig organisierte heimische Tourismus könne nicht gegen global agierende Internet-Riesen ankommen, warnt der Tourismusmanager. Google Travel, Booking & Co. würden ein enormes Tempo vorlegen, künftig könne daher nicht jede Tourismusregion ihr eigenes Süppchen kochen, betonte Größwang bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes Österreichischer Tourismusmanager (BÖTM) in St. Johann in Tirol. Der Verband versteht sich als Sprachrohr zwischen Destinationen, den Landestourismusorganisationen, der Österreich Werbung und dem Bund.
Vor allem die vorhandenen Kundendaten würden zu wenig genutzt, warnte Martin Schobert von Tourismusdesign. „1800 Tourismusdestinationen mit gleich vielen Schnittstellen produzieren Datenfriedhöfe und verpulvern dabei viel Geld. Die Daten liegen vor, aber wir machen kaum was damit“, kritisierte Schobert. Gernot Riedel, Geschäftsführer von St. Johann Tourismus, sieht die Branche von der Datenflut überrollt: „Ich unterstelle uns allen, dass wir mit diesem Thema überfordert sind“, räumte Riedel ein. Auch Michael Spechtenhauser, Salzkammergut Tourismus, plädiert dafür, die Daten der Tourismusregionen zusammenzuführen, weil die einzelnen Destinationen weder mit Know-how noch budgetär mit der Datenverarbeitung der Internet-Giganten mithalten können. „Die Datenfusionierung darf nicht auf Freiwilligkeit der Destinationen beruhen, sonst scheitert das Projekt am föderalen System des Tourismus“, warnt er. Gemeinsame Datenstandards müssten daher auf nationaler Ebene festgelegt werden. Das sei Aufgabe der Länder und der Österreich Werbung. „Es geht nicht um eine simple Bündelung von Homepages, sondern um die Frage der richtigen Technologie. Kundendaten sollen genützt werden, um dem Gast ein zeitgemäßes Urlaubserlebnis zu bieten.“ Denn wer den Zugang zum Kunden hat, habe gewonnen.
Laut Ulrike Rauch-Keschmann vom Tourismusministerium – sie war zuvor Kommunikationschefin der Österreich Werbung – würden Gespräche für die Bündelung von Produktentwicklung bis hin zu Mobilitätskonzepten mit großen Anbietern bereits laufen. In Zukunft soll nicht mehr in Märkten und Kampagnen gedacht werden, sondern in Zielgruppen und Communitys. Entsprechend soll die Österreich Werbung bis 2021 gestaltet werden. Zudem soll das Thema Datenallianz in die Hände der ÖW gelegt werden. (mas)