Kosovo wählt am Sonntag ein neues Parlament
Im Kosovo finden am Sonntag vorgezogene Parlamentswahlen statt. Um die 120 Sitze im Parlament ringen 25 Parteien und Bündnisse. 20 Mandate sind den im jüngsten Staat Europas lebenden Minderheiten vorbehalten, die Hälfte davon der serbischen. Rund 1,9 Millionen Kosovaren können bis 19.00 Uhr in knapp 900 Wahllokalen abstimmen. Mit ersten Hochrechnungen wird am späteren Abend gerechnet.
Die größten Siegeschancen werden zwei Oppositionsparteien eingeräumt - der 1989 vom damaligen Anführer der Albaner Ibrahim Rugova gegründeten Demokratischen Liga (LDK) und der nationalistischen Bewegung „Vetevendosje“ („Selbstbestimmung“). Die LDK stellte die 37-jährige Juristin Vjosa Osmani für das Ministerpräsidentenamt auf, die „Vetevendosje“ möchte dieses Amt für ihren Parteichef Albin Kurti haben.
Die regierende Demokratische Partei (PDK), an deren Spitze jahrelang der aktuelle Staatschef Hashim Thaci stand und die derzeit vom Parlamentspräsidenten Kadri Veseli angeführt wird, dürfte nach dem Urnengang zum ersten Mal seit der Verkündung der Unabhängigkeit des Kosovo im Februar 2008 trotz erwarteten zweistelligen Resultaten in die Opposition gehen. Die LDK und die „Vetevendosje“ schlossen im Wahlkampf ein eventuelles Regierungsbündnis mit der PDK aus.
Präsident Thaci appellierte nach der Stimmabgabe in Prishtina an seine Landsleute, Gebrauch von ihrem Wahlrecht zu machen. Dies sei ein Votum für die euro-atlantische Zukunft des Kosovo, für ein besseres Leben der Bürger, für die wirtschaftliche Entwicklung und neue Arbeitsplätze, wurde Thaci vom TV-Sender RTK zitiert.
Der Wahlsonntag verlief laut Medienberichten vorerst in ruhiger Stimmung bei eher geringem Wahlinteresse. Bis 11.00 Uhr haben nach Angaben der staatlichen Wahlkommission rund zehn Prozent der Stimmberechtigten am Urnengang teilgenommen, was immerhin um gut zwei Prozent mehr als 2017 wäre.
Die Wahlkommissions-Präsidentin Valdeta Daka bestätigte Medienberichte über die Festnahme von zwei Mitgliedern der Wahlausschüsse in einem Wahllokal in dem von Serben bewohnten Nord-Mitrovica. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Mitrovica haben die Festgenommenen die Stimmabgabe „entgegen den Wahlregeln“ zugelassen. Gemeint ist wohl die Zulassung von Wählern, die keine kosovarischen Personaldokumente vorzeigen konnten.
Die staatliche Wahlkommission hatte beschlossen, dass bei der vorgezogenen Parlamentswahl nur kosovarische Personaldokumente zugelassen würden. Bei früheren Urnengängen im Kosovo konnten sich die Wähler nämlich auch mit serbischen Dokumenten ausweisen. Die Entscheidung hatte in den letzten Wochen für Proteste in Belgrad gesorgt, das Prishtina der Diskriminierung der serbischen Volksgruppe beschuldigte. Man geht davon aus, dass etwa 5.000 stimmberechtigte Serben heute gehindert werden könnten, am Urnengang teilzunehmen. Genaue Daten gibt es allerdings keine.
Ähnlich äußerten sich auch andere führende Politiker. Vjosa Osmani, Kandidatin der LDK für das Ministerpräsidentenamt, bezeichnete den Urnengang gar als „historisch“. Der heutige Sonntag sei ein entscheidender Tag für die Zukunft des Kosovo, sagte Osmani nach ihrer Stimmabgabe. Der Kosovo werde heute allen Grund haben, zu feiern, zeigte sich Albin Kurti, Chef der „Vetevendosje“, überzeugt. Auch er ist bemüht, sich das Premieramt zu sichern.
Der Urnengang wird von internationalen Beobachtern sowie der heimischen NGO „Demokracia ne Veprim“ (DNV) verfolgt, die wie bei früheren Wahlen für Sonntag rund 2.700 Wahlbeobachter engagiert hat.