Kino

„Maleficent 2: Mächte der Finsternis“: Kampf ums Märchenschloss

Michelle Pfeiffer (r.) ist in der Rolle von Königin Ingrith neu im Maleficent-Cast. Links im Bild: Prinzessin Aurora (gespielt von Elle Fanning).
© Disney

Mit „Maleficent 2: Mächte der Finsternis” beweist der Disney-Konzern Lust zur Variation und erzählt sein Dornröschen-Märchen modern weiter.

Von Marian Wilhelm

Innsbruck –„Es war einmal – oder zweimal, wenn du dich an die Geschichte erinnerst.“ So beginnt Disney mit unerwarteter Selbstironie „Maleficent 2: Mächte der Finsternis“. Es ist die Fortsetzung einer modernen Variante eines Disney-Klassikers von 1959, der wiederum auf Charles Perrault und den Gebrüdern Grimm basiert: Dornröschen.

Prinzessin Aurora, wie sie in Walt Disneys Welt heißt, ist 2014 in „Maleficent“ wieder erwacht und Königin des magischen Moors geworden. Nun ist sie erwachsen und die anstehende Hochzeit mit einem feschen Prinzen lässt die Geschichte mit mehr Optimismus starten als im Vorgänger. Doch die titelgebende Variante der dunklen Fee prophezeit ihr schon: „Liebe endet nicht immer gut.“ Anders als der Titel vermuten lässt, ist ihre Rolle eher tragisch denn bösartig. Erneut wird sie betrogen, denn nicht alle stehen der Versöhnung zweier Reiche positiv gegenüber. Dabei hatte der naive Prinz Philip noch vorsorglich beteuert: „Meine Liebe hat mit Politik nichts zu tun.“ Familienaufstellung im Märchenschloss wird das Märchen aber keine. „Ich sagte doch, das hier ist kein Märchen“, wie die „Mistress of Evil“ aus dem englischen Originaltitel erklärt.

Regisseur Joachim Rønning und seine Drehbuchschreibenden entwickeln „Maleficent 2“ relativ bald in Richtung Fantasy-Action weiter, die in der zweiten Hälfte in einer epischen Schlacht um das riesige Schloss des Disney-Konzern-Logos mündet. Der Film spielt geschickt mit den visuellen Attraktionen des knallbunten Films. Sogar die 3D-Effekte entfalten ihr Potenzial, denn neben Maleficent begeben sich weitere geflügelte Wesen (u. a. Chiwetel Ejiofor) in die Luftschlacht.

Doch die entscheidenden Figuren sind allesamt weiblich, mit Angelina Jolie erneut in der herrlich ambivalenten Titelrolle, Elle Fanning als lebendige Aurora und Michelle Pfeiffer als Neuzugang in der Rolle der Königin Ingrith. Das bescherte „Maleficent“ einiges Lob für seine feministische Neudeutung. Dabei geht es nicht nur um die Themen von Mutterschaft und Kinderliebe. Auch politische Macht und die verschlüsselte Metapher einer Vergewaltigung gaben dem archetypischen Märchen schon im ersten Teil 2014 zeitgenössische Tiefe. Das wird nun souverän fortgeführt. In Zeiten, in denen Disney als mächtigstes Filmstudio auch auf wenig überraschende 1:1-Remakes und verschleierte Kopien setzt, liegt vielleicht in der selbstbewussten Neuinterpretation der Klassiker noch am meisten Kraft. „Maleficent 2” beweist jedenfalls Lust zur Variation.