Knappe Mehrheit im rumänischen Parlament für neue Regierung
Das rumänische Parlament hat am Montagnachmittag in Bukarest die neue Minderheitsregierung des liberalen Premierministers Ludovic Orban mit hauchdünner Mehrheit bestätigt. 240 Parlamentsabgeordnete aller politischer Couleur stimmten für die Regierung Orban - bloß sieben mehr als nötig (Mindestmehrheit - 233).
Für den neuen Ministerpräsidenten ist das knappe Abstimmungsergebnis nichtsdestotrotz ein erheblicher Erfolg, da sowohl die abgewählten Postkommunisten (PSD) als auch die Kleinpartei „Pro Romania“ des früheren Premierministers Victor Ponta die Parlamentssitzung boykottierten, um letztere am Quorum scheitern zu lassen. Den Boykott der PSD bezeichnete der 56-jährige Chef der Liberalen als „überaus schändlichen Abgang für eine Regierungspartei“, die keineswegs die Interessen des Landes, sondern einzig „Wahlkampfvorteile“ im Sinn habe.
Tatsächlich hatte die Strategie der Postkommunisten darauf abgezielt, die abgewählte Regierungschefin Viorica Dancila möglichst bis nach dem am Sonntag steigenden ersten Wahlgang der Präsidentenwahl im Amt zu bewahren. Damit sollte Dancila als Spitzenkandidatin der „Ministerpräsidentin-Bonus“ gesichert werden.
In seiner Rede im Parlament stellte Orban klar, einer einjährigen Übergangsregierung vorzustehen, die sich vornehme, die „gravierendsten, von der PSD-Regierung hinterlassenen Defizite, Probleme und Baustellen“ in Angriff zu nehmen. Eine seiner ersten Amtshandlungen werde „die Nominierung des von Rumänien gestellten EU-Kommissars“ sein, da die Vorgänger-Regierung mit ihren Vorschlägen „bekanntlich die gesamte EU in Verzug gebracht hat“.
Dass Orbans liberale Minderheitsregierung am Montag trotz aller Hindernisse - die Stimmkarten zahlreicher Parlamentarier fielen urplötzlich aus noch ungeklärten Gründen aus - knapp bestätigt wurde, führen rumänische Politbeobachter auf das Verhandlungsgeschick des neuen Regierungschefs zurück, der letztlich völlig divergent positionierte Parlamentarier dazu brachte, ihn und seine 16-köpfige Ministerriege abzusegnen.
Allerdings hat Orban dafür auch einen hohen Preis bezahlt - den Fraktionen des Ungarnverbands (UDMR) und der ALDE, des früheren Koalitionspartners der PSD, musste er im Austausch für ihre parlamentarische Unterstützung zusichern, keinerlei Änderungen im Justizbereich per Vertrauensfrage oder Eilverordnungen vorzunehmen. Das bedeutet mit anderen Worten, dass sowohl die umstrittene Justiz- und Strafrechtsreform der PSD als auch die von ihr aus der Taufe gehobene Sonderermittlungsbehörde für Justizstrafsachen, die EU- und Venedig-Kommission als offenkundiges Druckmittel auf unliebsame Richter und Staatsanwälte werten, noch ein Jahr lang unangetastet bleiben dürften. Für Reformen im Justizbereich bleibt Orban folglich nur der Parlamentsweg offen, wo er angesichts der aktuellen Mehrheitsverhältnisse nichts erreichen kann.
Trotzdem wird Ludovic Orban liefern müssen - und zwar schnell, da die Erwartungen sowohl der rumänischen Bevölkerung als auch der Europäischen Union groß sind. Nach Angaben der rumänischen Präsidialkanzlei sollte die neue liberale Regierung noch am Abend angelobt werden.