Ringen um den Zölibat: Heikles Thema für die Bischöfe
Ein Ergebnis der Amazonien-Synode hat die Debatte über den Zölibat neu belebt. Kardinal Christoph Schönborn bremst aber jene ein, die einen Sinneswandel in der gesamten katholischen Kirche orten.
Von Karin Leitner
Wien – Hohen geistlichen Besuch gibt es im Kloster Laab im Walde von heute bis zum Donnerstag. Es ist Herbst-Vollversammlung der Bischofskonferenz. Mit einem Mittagessen bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sie gestern begonnen. Hernach tagten katholische und orthodoxe Bischöfe gemeinsam – eine ökumenische Premiere.
Bei den Beratungen der katholischen Würdenträger im Kloster geht es auch um die Ergebnisse der Amazonien-Synode, die im Vatikan abgehalten wurde. Eines der Resultate: Verheiratete Männer sollten zu Priestern geweiht werden können, aber nur in Ausnahmefällen und nur für eine bestimmte Region – die brasilianische, des Priestermangels wegen.
Das hat die Debatte über den Zölibat neu belebt. Der Wiener Theologe Paul Zulehner hat eine Online-Petition gestartet, mit der auch im deutschsprachigen Raum Kirchenreformen angestoßen werden sollen. Unter dem Titel „#Amazonien auch bei uns“ werden die Kirchenleitungen aufgerufen, sich für die Priesterweihe bewährter Diakone und ein Diakonat für Frauen einzusetzen.
Wie sieht Kardinal Christoph Schönborn, der bei der Synode war, die Sache? Er habe dafür gestimmt, „dass in Einzelfällen Verheiratete zu Priestern geweiht werden können“. Die Synode sage, „dass in entlegenen Gebieten, in denen dringender Bedarf besteht, auf Bitten der Gemeinde mit Zustimmung des Bischofs – wahrscheinlich auch mit Zustimmung Roms – bewährte Männer, also Diakone, auch zu Priestern geweiht werden können“, sagt Schönborn. „Die Grundform des priesterlichen Dienstes wird in der katholischen Kirche aber sicher die ehelose Lebensform sein – nach dem Vorbild Jesu.“ Bei der Synode sei es um Amazonien gegangen. „Ich glaube nicht, dass wir in Europa in so einer Situation sind. Mithilfe unserer Mobilität haben wir die Möglichkeit, zu einer Eucharistie zu kommen.“ Vorschnelle Schlüsse auf die Weltkirche sollten nicht gezogen werden. Das meint auch der Innsbrucker Theologe Józef Niewiadomski im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung: „Ich glaube nicht an große Änderungen. Die Mühlen mahlen viel langsamer, als man auf den ersten Blick meint.“ Die Diskussion über den Zölibat gebe es seit Langem: „Schon Ende der 1960er-Jahre gab es wegen einer Synode in Lateinamerika die fieberhafte Erwartung, dass er fällt.“ Seither gebe es immer wieder dieselben Pro- und Kontra-Argumente. „Es ist ein Positionskrieg mit einer einzigen Folge – das Hinterland wird zerstört. Verändern tut sich wenig“, befindet Niewiadomski. Und: „Druck von außen auf die katholische Kirche wird eher kontraproduktiv wirken.“
Schon Stecher war für „viri probati“
Die Diskussion über die Weihe von bewährten verheirateten Männern zu Priestern („viri probati“) wird in der Diözese Innsbruck schon seit Jahren geführt. So wie es jetzt Kardinal Christoph Schönborn formuliert. Der 2013 verstorbene Bischof Reinhold Stecher sprach sich stets für eine Öffnung des Priesteramts aus, die grundsätzliche Ehelosigkeit der Geistlichen stellte er jedoch nicht in Frage. Der ehemalige Innsbrucker Diözesanbischof und heutige Oberhirte von Linz, Manfred Scheuer, würdigte Stecher als jemanden, der sich für die Priesterweihe von „viri probati“ ausgesprochen, zugleich jedoch auch das Bild eines im Zölibat lebensfrohen, ausgeglichenen Bischofs vorgelebt habe.
Scheuer selbst trat in die Fußstapfen seines Vorgängers. Mit Bedacht. „Ich kann mir eine Öffnung vorstellen, würde mir aber grundsätzlich eine stärkere Wertschätzung der zölibatären Lebensform erwarten“, sagte er.
Als Verfechter von Reformen hinsichtlich der Zulassungsbedingungen für Priester ist der Abt von Stift Stams, German Erd. Seiner Meinung nach sollten Weltpriester heiraten dürfen, für Ordenspriester hingegen solle weiterhin der Zölibat gelten, wie Erd in der Vergangenheit wiederholt erklärt hatte.
Mit Reinhold Stecher und Manfred Scheuer hält es auch Diözesanbischof Hermann Glettler. Er wehrt sich dagegen, dass durch die permanente Diskussion über die Zulassungsbedingungen eine Atmosphäre entstehe, als ob ein zölibatäres Leben keinen Wert mehr hätte. Zum anderen macht es für Glettler aber auch Sinn, die Option, in gewissen Ortskirchen „viri probati“ zu Priestern zu weihen, wach zu halten, wie er in einem TT-Interview erläutert hat. (pn)