Hartz-IV: Sozialverbände verlangen Verzicht auf Sanktionen

Nach dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts dringen Gewerkschaften und Sozialverbände auf eine Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Diakonie Deutschland und der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Aufhebung der bestehenden Sanktionsregelungen im Hartz-IV-System.

Außerdem fordern sie die Einführung eines „menschenwürdigen Systems der Förderung“. „Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind immer nur verfassungsrechtliche Grenzen, über die der Gesetzgeber auch hinausgehen kann“, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. „Denn nicht alles, was unsere Verfassung vielleicht gerade noch so zulässt, ist auch im Interesse von Arbeitssuchenden und Beschäftigten.“

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, betonte, Sanktionen verursachten Leid und führten „dazu, dass Menschen sich zurückziehen“. Sie „entspringen einer längst überwundenen Rohrstockpädagogik des vergangenen Jahrhunderts“. Deshalb müssten sie „komplett und ersatzlos“ gestrichen werden.

Die Diakonie setzte sich für ein sicheres Existenzminimum ein. „Wer mit Sanktionen das Lebensnotwendige kürzt, nimmt existenzielle Not in Kauf“, erklärte Vorstandsmitglied Maria Loheide. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) kritisierte insbesondere die schärferen Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren. „Sie treiben junge Menschen ins Abseits“, erklärte AWO-Chef Wolfgang Stadler. „Wir wollen eine Grundsicherung, die unterstützt und fördert, statt zu gängeln.“

Der Sozialverband Deutschland forderte in einer eigenen Stellungnahme „eine grundlegende arbeitsmarktpolitische Wende“, die verbesserte Leistungen bei Arbeitslosigkeit und organisatorische Reformen umfasse. „Dann würden sich Sanktionen künftig erübrigen“, erklärte Präsident Adolf Bauer.

Auf rasche Konsequenzen des Gesetzgebers drang der Sozialverband VdK. Das Urteil sei ein „wichtiges Signal an die Politik, dass es kein ‚Weiter so‘ bei den Sanktionen geben kann“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Nun sei der Gesetzgeber am Zug. „Er muss schnell die gültige Rechtslage verändern und sie grundgesetzkonform gestalten.“

Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor die Sanktionsregelungen teilweise für verfassungswidrig erklärt. Wenn Pflichten verletzt werden, dürfen die Leistungen höchstens um 30 Prozent gekürzt werden, entschieden die Richter. Grundsätzlich sind Sanktionen zwar weiterhin möglich, bisher mögliche Kürzungen von 60 Prozent oder der komplette Wegfall der Leistungen sind aber mit dem Grundgesetz unvereinbar.