Iran kündigt weiteren Teilausstieg aus Atomabkommen an

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hat einen weiteren Teilausstieg aus dem Wiener Atomabkommen angekündigt und damit international Besorgnis ausgelöst. In der vierten Phase werde der Iran von diesem Mittwoch an in der Atomanlage Fordo Urangas in bisher inaktive 1044 Zentrifugen injizieren, sagte der Präsident am Dienstag im iranischen Staatssender IRIB.

Nach dem internationalen Atomabkommen von 2015 sollte die Anlage Fordo nur für wissenschaftliche Projekte genutzt werden - die Zentrifugen dort durften ohne Gasinjektion lediglich getestet werden.

Nach jahrelangen harten Verhandlungen hatten sich die UN-Vetomächte, Deutschland und der Iran am 14. Juli 2015 in Wien auf ein Abkommen geeinigt, das Teheran am Aufbau einer Atomstreitmacht hindern soll. Es stellte die iranische Atomindustrie unter Kontrolle und sagte den Abbau westlicher Wirtschaftssanktionen zu. Die USA fordern ein härteres Abkommen mit weiteren Auflagen für die Führung in Teheran.

UN-Generalsekretär António Guterres rief über seinen Sprecher alle beteiligten Staaten dazu auf, ihr Möglichstes zu tun, um das Atomabkommen zu wahren.

Rouhani betonte, die Internationale Atomenergiebehörde IAEA sei in Kenntnis gesetzt worden, die Maßnahmen seien jederzeit umkehrbar. „Sobald die Gegenseite das Atomabkommen voll und ganz umsetzt, werden auch wir dies umgehend tun“, sagte Rouhani. Der Iran wolle nicht mehr als im Atomabkommen vorgesehen: sein Öl verkaufen und das Geld über das internationale Bankensystem erhalten. Bis zur Umsetzung dieser legitimen Forderung bleibe der Iran weiterhin gesprächsbereit, gleichzeitig aber auch konsequent, so der Präsident.

Die EU zeigte sich angesichts der jüngsten Ankündigungen aus Teheran besorgt, wie eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel sagte. Sie rief den Iran dazu auf, alle Aktivitäten, die nicht mit dem Atomabkommen in Einklang stehen, zu unterlassen. Die EU stehe weiter zu dem Abkommen, auch wenn es immer schwieriger zu retten sei.

Auch Frankreich forderte den Iran nachdrücklich auf, seine Entscheidungen, die dem Atomabkommen zuwiderlaufen, rückgängig zu machen. Russland reagierte ebenfalls besorgt auf die Äußerungen des iranischen Präsidenten. Ein solcher Schritt sei kein gutes Zeichen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Moskau befürworte wie seine Partner, dass der Vertrag bestehen bleibe, sagte er der Agentur Tass zufolge.

Der iranische Atomchef Ali Akbar Salehi hatte bereits am Montag bekanntgegeben, dass der Iran inzwischen mit schnelleren Zentrifugen arbeite, die den Prozess der Urananreicherung wesentlich beschleunigen sollen. Die seit September genutzten neuen IR-6- Geräte seien zehnmal schneller als die alten IR-1-Zentrifugen, sagte Salehi, der auch Vizepräsident des Landes ist.

Beobachter in Teheran schätzen die Entwicklung als gefährlich ein. Mit dem richtigen Know-how und modernen Zentrifugen lässt sich Uran mittel- oder langfristig bis 90 Prozent anreichern, was dann auch den Bau einer Atombombe ermöglichen würde.

Nach dem mühsam ausgehandelten internationalen Atomabkommen darf die Islamische Republik nur die ältere Generation der Zentrifugen (IR-1) nutzen, Uran lediglich auf 3,67 Prozent anreichern und nicht mehr als 300 Kilogramm an Uranbestand haben. Die auf 3,67 Prozent begrenzte Urananreicherung war einer der Kernpunkte des Wiener Vertrags, um den Bau iranischer Nuklearwaffen zu verhindern.

Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen, das dem Iran eine friedliche Nutzung der Kernkraft gestattet, aber die Entwicklung von Kernwaffen verwehrt. Washington führte zudem Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wieder ein. Damit wollen die USA Teheran zwingen, einem um außenpolitische und militärische Fragen erweiterten Abkommen zuzustimmen.

Teheran verlangte von den verbliebenen Vertragspartnern - China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland - die Rettung des Abkommens, insbesondere die Missachtung der Sanktionen. Nach einer Frist von einem Jahr nach dem US-Ausstieg begann der Iran, sich seinerseits schrittweise von Bestimmungen des Abkommens zurückzuziehen, um Druck auf die verbleibenden Vertragsparteien auszuüben.