EU-Parlament stimmt über Kommission ohne Großbritannien ab

Das EU-Parlament würde auch ohne einen EU-Kommissar aus Großbritannien über die neue Kommission abstimmen. Laut der Position des EU-Parlaments sollte das Vereinigte Königreich seinen Verpflichtungen als Mitgliedstaat nachkommen und einen Kandidaten stellen, keinesfalls sollte London jedoch die Arbeit der EU-Institutionen blockieren, verlautete am Mittwoch aus Parlamentskreisen in Brüssel.

Großbritannien ist dazu verpflichtet, für die Zeit bis zum tatsächlichen Austritt aus der Europäischen Union einen EU-Kommissar zu ernennen. Der sogenannte Brexit wurde auf 31. Jänner verschoben.

In Brüssel wird erwartet, dass die britische Regierung der Verpflichtung nachkommt. Die Ernennung eines Kandidaten werde vermutlich bald erfolgen, war am Montag aus informierten Kreisen zu hören. Dass der Brite Julian King, der derzeitige EU-Sicherheitskommissar, im Amt bleiben wird, ist dem Vernehmen nach die wahrscheinlichste Variante.

Die neue EU-Kommission soll mit einem Monat Verspätung am 1. Dezember ihr Amt antreten. Die Ablehnung der von Frankreich, Ungarn und Rumänien nominierten Kandidaten durch das Europaparlament hatte eine Verschiebung notwendig gemacht. Während Frankreich mit dem ehemaligen französischen Wirtschaftsminister Thierry Breton einen Ersatz für das Portfolio Binnenmarkt und Industrie gefunden hat, sind die Ressorts Verkehr und Erweiterung noch unbesetzt.

Ungarn hat den Diplomaten Oliver Varhelyi nachnominiert, jedoch fehlt noch ein rumänischer Kommissarskandidat, damit die künftige Kommissionschefin Ursula von der Leyen über die Zuteilung der Ressorts entscheiden kann. Laut Regierungsparteikreisen will Rumänien den konservativen EU-Abgeordneten Siegfried Muresan nominieren. Der 38-jährige Muresan sitzt seit 2014 im Europaparlament und gehört der konservativen EVP-Fraktion an. Er ist Mitglied im Haushaltsausschuss.

Der Rat der Europäischen Union will auf eine vollständige Kandidatenliste warten, bis er diese bestätigt, hieß es vergangene Woche. Erst danach können die Anhörungen der Kandidaten vor dem Europaparlament beginnen, bei denen auch mögliche Interessenskonflikte geprüft werden. Mittlerweile ist unklar, ob der 1. Dezember als Datum für die Ernennung der neuen Kommission hält.

Problematisch bei der Abstimmung im EU-Parlament könnte noch die voraussichtlich verfehlte Geschlechterparität des Kollegiums werden. Von der Leyen hatte angekündigt, die Kommission mit gleich vielen weiblichen wie männlichen Kommissaren zu besetzen - von diesem Ziel entfernt sich die neue Kommission jedoch angesichts der männlich dominierten Nachnominierungen.