Iran startet weiteren Teilausstieg aus Atomabkommen

Im Iran hat nach offiziellen Angaben ein weiterer Teilausstieg aus dem internationalen Atomabkommen begonnen. 2.000 Kilogramm Urangas (Uranhexafluorid) seien in die Atomanlage Fordo befördert worden, teilte die iranische Atomorganisation (AEOI) am Mittwoch mit. Die Maßnahmen sind ein Verstoß gegen das Atomabkommen von 2015, das die Entwicklung einer iranischen Atombombe verhindern soll.

Das Gas solle in den nächsten Stunden in bisher inaktive 1.044 Zentrifugen injiziert werden, die Inbetriebnahme bis Samstag erfolgen, sagte AEOI-Sprecher Behrouz Kamalvandi dem Staatssender IRIB. In Fordo werde dann auch Uran bis 4,5 Prozent angereichert.

Der Chef der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, kündigte Dienstagabend laut Nachrichtenagentur FARS an, dass in Fordo in Anwesenheit von Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA ab Mittwoch Uran auf 5 Prozent angereichert werde. Von den 1.044 in Fordo vorhandenen Zentrifugen würden dafür einige in Betrieb genommen.

Eine Anreicherung auf 20 Prozent sei derzeit nicht geplant, da der Iran noch über ausreichend Vorräte verfüge, so Salehi. Sollte der Brennstoff für den Forschungsreaktor in Teheran ausgehen, könnte gemäß dem Atomabkommen erneut auf 20 Prozent angereichert werden.

Der israelische Ministerpräsident verurteilte das Vorgehen Teherans. „Der Iran erhöht seine Aggression“, sagte Benjamin Netanyahu am Dienstagabend nach Angaben seines Büros. „Er will Israel zerstören. Wir setzen uns zur Wehr.“ Man werde es dem Iran niemals erlauben, Nuklearwaffen zu entwickeln. „Dies ist nicht nur im Interesse unserer Sicherheit und unserer Zukunft, sondern im Interesse der Zukunft des Nahen Ostens und der ganzen Welt.“

Die IAEA sei über die Schritte in Fordo in Kenntnis gesetzt worden, sagte Kamalvandi. IAEA-Inspektoren seien auch vor Ort präsent.

Nach dem mühsam ausgehandelten Wiener Atomabkommen sollte Fordo nur für wissenschaftliche Projekte genutzt werden - die Zentrifugen dort durften ohne Gasinjektion lediglich getestet werden. Die vierte Phase des iranischen Teilausstiegs löste international Besorgnis und Kritik aus, auch seitens des iranischen Verbündeten Russland.

Teheran weist die Kritik vehement zurück und verweist stets auf den Ausstieg der USA aus dem Abkommen im Mai 2018. Danach hat sich auch der Iran in den vergangenen sechs Monaten schrittweise von den Bestimmungen des Deals zurückgezogen.

Washington führte zudem Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wieder ein. Die Sanktionen sollen die iranische Öl-, Finanz- und Bauwirtschaft zum Erliegen bringen. Damit will Washington die Führung in Teheran zwingen, einem um außenpolitische und militärische Fragen erweiterten Abkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen.

In drei Phasen vergrößerte die Islamische Republik zunächst ihre Uranvorräte von der festgesetzten Obergrenze 300 auf 500 Kilogramm. Danach wurde der Urananreicherungsgrad von den erlaubten 3,67 auf 4,5 Prozent erhöht. In der dritten Phase ignorierte Teheran dann auch die Einschränkungen bei Forschungsarbeiten mit moderneren Zentrifugen. Mit den neuen Zentrifugen kann der Iran sein Uran zehnmal schneller anreichern und dürfte dann auch bestimmt nicht mehr bei 4,5 Prozent bleiben.

Mit dem richtigen Know-how und modernen Zentrifugen lässt sich Uran mittel- oder langfristig bis 90 Prozent anreichern. Dies würde dann auch den Bau einer Atombombe ermöglichen.

Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif gab den USA die Schuld an der Eskalation der Lage. „Haltet euch an das Wiener Abkommen, dann tun wir das auch“, forderte er. Auch Präsident Hassan Rouhani zeigte sich von Kritik unbeeindruckt. „Man kann doch nicht ernsthaft vom Iran erwarten, ein internationales Abkommen zu respektieren, wenn die andere Seite dies nicht tut.“

Rouhani sagte, dank der Politik der USA und ihrer Verbündeten werde Fordo demnächst in vollem Umfang den Betrieb aufnehmen. Die jüngsten Maßnahmen seien ebenso wie die drei Schritte davor umkehrbar. Der Iran fordere lediglich die vertragsgerechte Umsetzung des Wiener Abkommens, damit das Land wieder normal sein Öl exportieren und das Geld über das internationale Banksystem erhalten kann.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow zeigte Verständnis für das Vorgehen Teherans angesichts der Haltung der USA. Der Iran habe die IAEA über alle Maßnahmen zur Verringerung seiner Verpflichtungen informiert. Die Vorgaben des Atomsperrvertrags und des Zusatzprotokolls seien nicht verletzt worden, sagte Lawrow russischen Medien zufolge. Zudem meinte er in Richtung Europäer, man verlange vom Iran, alles lückenlos umzusetzen, im Gegenzug gebe man ihm dafür aber nichts.

Der französische Präsident Emmanuel Macron beschuldigte dagegen den Iran, zum ersten Mal den Rahmen des internationalen Wiener Atomabkommens verlassen zu haben.