Von der Leyen fordert britischen EU-Kommissar
Die designierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat den britischen Premierminister Boris Johnson schriftlich aufgefordert, „so schnell wie möglich“ einen EU-Kommissar zu nominieren. In einem entsprechenden Schreiben habe sie demnach Johnson ermutigt, eine Frau vorzuschlagen, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Rumänien schlug indes zwei Anwärter vor.
Das neue liberale Minderheitskabinett unter Premierminister Ludovic Orban (PNL) beschloss am Mittwoch auf seiner ersten Regierungssitzung überhaupt, die beiden rumänischen Europaabgeordneten Adina Valean und Siegfried Muresan (beide EVP/PNL) als EU-Kommissarskandidaten vorzuschlagen.
Von der Leyen wolle ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis in der EU-Kommission als Ziel aufrechterhalten, so Kommissionssprecherin Dana Spinant. Auch das Europaparlament fordert Parität ein. Sozialdemokraten und Grüne verlangen mehr weibliche Ersatzkandidaten für das neue Kollegium. „Das ist eine klare Bedingung dafür, dass wir die künftige EU-Kommission unterstützen“, sagte Iratxe Garcia, Fraktionschefin der Sozialdemokraten, am Mittwoch.
Man werde der gewählten EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen die Personalvorschläge unverzüglich unterbreiten, teilte Regierungschef Orban anschließend mit. Die Vorschläge erfolgen in Abstimmung mit Staatschef Klaus Johannis, der der Regierungssitzung auf Einladung des Ministerpräsidenten beigewohnt hatte.
Die 51-jährige Adina Valean, gegenwärtig Chefin des Energie- und Industrieausschusses des Europaparlaments, und der 38-jährige Europaabgeordnete Siegfried Muresan, stellvertretender Vorsitzender der EVP-Fraktion, gelten beide als integer und kompetent - Valean zudem als eine der einflussreichsten Europaabgeordneten des Landes, während Muresan sich binnen weniger Jahre zum Shootingstar sowohl der rumänischen Liberalen als auch der EVP emporarbeitete.
Großbritannien ist dazu verpflichtet, für die Zeit bis zu seinem Austritt aus der Europäischen Union einen EU-Kommissar zu ernennen. Bisher hatte Großbritannien wegen des Brexits keinen Kommissionsanwärter nominiert. Der Brexit wurde auf 31. Jänner verschoben. Dass der Brite Julian King, der derzeitige EU-Sicherheitskommissar, im Amt bleiben wird, galt bisher als wahrscheinlichste Variante.
Die neue EU-Kommission soll mit einem Monat Verspätung am 1. Dezember ihr Amt antreten. Die Ablehnung der von Frankreich, Ungarn und Rumänien nominierten Kandidaten durch das Europaparlament hatte eine Verschiebung notwendig gemacht. Paris und Budapest nominierten als Ersatz für Sylvie Goulard und Rovana Plumb jeweils einen Mann nach: Thierry Breton und Oliver Varhelyi.
Das EU-Parlament würde auch ohne einen EU-Kommissar aus Großbritannien über die neue Kommission abstimmen. Laut der Position des EU-Parlaments sollte das Vereinigte Königreich seinen Verpflichtungen als Mitgliedstaat nachkommen und einen Kandidaten stellen, keinesfalls sollte London jedoch die Arbeit der EU-Institutionen blockieren, verlautete am Mittwoch aus Parlamentskreisen in Brüssel.