Tiroler Gletscherehe: Bergbahnen wehren sich gegen Kritik

Die Projektbewerber des Zusammenschlusses der Gletscherskigebiete Ötztal und Pitztal haben sich am Mittwoch erneut gegen Kritik gewehrt. Die Bergbahnen beanstandeten vor allem „grobe Falschmeldungen“. „Es wird kein Gipfel gesprengt. Dass der Linke Fernerkogel gesprengt wird, ist eine wahnwitzige Behauptung“, sagte Eberhard Schultes, Geschäftsführer der Pitztaler Gletscherbahn, zur APA.

Es wird eine Gratspitze begradigt und Fels um rund 36 Meter abgetragen, erläuterte Schultes. „Bei Gott aber kein Gipfel“, fügte er hinzu. Auch die Kritik an den zusätzlichen 64 Hektar Pisten, die entstehen sollen, konnte Schultes nicht nachvollziehen. Für 58 dieser 64 Hektar brauche es keinerlei zusätzlicher Baumaßnahmen. Zudem würde der Gletscher durch die Pisten keinen Schaden nehmen, betonte der Geschäftsführer. Den großen Zuspruch, den die Online-Petition des Naturschützers Gerd Estermann in den vergangenen Tagen erhalten habe, sah Schultes vor allem auch durch Falschmeldungen begründet.

Man kämpfe mit Horrorszenarien und falschen Behauptungen, meinte auch Elmar Haid, Bürgermeister von St. Leonhard im Pitztal. Es werde mit falschen Zahlen und Bildern gearbeitet. Die Natur liege den Pitztalern sehr am Herzen, so Haid. Der Zusammenschluss sei für das Pitztal aber „schon sehr wichtig“, fügte der Bürgermeister hinzu. „St. Leonhard ist eine hundertprozentige Tourismusgemeinde. Ohne Tourismus geht es nicht“, betonte Haid.

„Man redet immer nur von einem Problem und nie von einer riesen Chance“, empörte sich wiederum Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden. Das Projekt habe einen regen Zuspruch. „Die Kunden wollen das“, war sich Falkner sicher. Außerdem werde der Gletscher durch die zusätzlichen Pisten ja nicht kleiner oder größer. „Mir soll ein Naturschützer einmal den Schaden erklären, der durch eine Piste entsteht“, sagte der Geschäftsführer.

Die Naturfreunde orteten indes im geplanten Zusammenschluss einen „massiven Eingriff in die hochalpine Natur unseres Landes“. Der Bau des Skigebiets würde eine unberührte Hochgebirgslandschaft unwiederbringlich zerstören und den Totalverlust zahlreicher Lebensräume bedeuten. Die Ausmaße des geplanten Projektes betreffen eine Fläche von 116 Fußballfeldern, die komplett verbaut werden soll. Dazu müssen im sensiblen alpinen Bereich zigtausend Kubikmeter Erde, Eis und Gestein bewegt werden, hieß es.

WWF, Alpenverein, Naturfreunden und die Bürgerinitiative Feldring forderten erneut den sofortigen Stopp des Megaprojekts. Ansonsten müsse die Tiroler Landesregierung das Projekt im UVP-Verfahren stoppen, verlangte Josef Schrank, Alpenschutzexperte des WWF. Die Online-Petition „Nein zur Gletscherverbauung Ötztal-Pitzal“ des Naturschützers Gerd Estermann erreichte im Mittwochnachmittag bereits über 94.000 Unterschriften.

Die Projektunterlagen wurden 2016 zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Sachverständige beim Amt der Tiroler Landesregierung erstellen derzeit ihre Gutachten. Nach Fertigstellung des Umweltverträglichkeitsgutachten wird es zu einer mündlichen Verhandlung kommen.

TT Digitalabo: 1 Monat um nur € 1,-

inkl. TT-ePaper und tt.com plus