Chef des Palästinenserhilfswerks der UNO zurückgetreten
Schon im Sommer wurde dem UNRWA-Generalsekretär Krähenbühl unangebrachtes Verhalten vorgeworfen. Nun trat der Chef des Palästinenserhilfswerks zurück. Der Zeitpunkt ist heikel: Das Hilfswerk befindet sich inmitten einer Finanzkrise.
New York – Angesichts von Vorwürfen des Missmanagements ist der Generalsekretär des UNO-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Pierre Krähenbühl, mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Das teilte das Büro des UNO-Generalsekretärs António Guterres am Mittwoch mit. Sprecher Stéphane Dujarric sagte, der Schweizer Krähenbühl habe Guterres seine „persönliche Entscheidung“ in einem Brief mitgeteilt. Die Vorwürfe gegen ihn würden weiter geprüft.
Zuvor hatte das UNRWA mitgeteilt, dass Krähenbühl sein Amt vorübergehend niederlege. Eine interne Ermittlung habe Fragen zu seinem Führungsstil aufgeworfen. Weitere Details zur Art des Fehlverhaltens wurden nicht genannt. Vize-Chef Christian Saunders übernimmt zunächst die UNRWA-Gesamtverantwortung.
UN schlossen Betrug aus
Die UN hatten angesichts erster Untersuchungsergebnisse ausgeschlossen, dass Krähenbühl sich des Betrugs oder der Unterschlagung von Hilfsgeldern schuldig gemacht habe. Es gebe jedoch „Managementprobleme, die angegangen werden müssen“, hatte das Büro von Generalsekretär Guterres mitgeteilt. Krähenbühl kam einer möglichen Entlassung mit seinem Rücktritt am Mittwoch zuvor.
Das UNRWA hatte in den vergangenen Monaten eine interne Untersuchung eingeleitet, um sicherzustellen, dass die Organisation „auf den höchsten Standards von Professionalität, Transparenz und Effizienz“ agiere, hieß es. Erste Vorwürfe gegen Krähenbühl waren im Sommer aufgetaucht.
Ein der Nachrichtenagentur AFP vorliegender interner Untersuchungsbericht sieht unter anderem „sexuelles Fehlverhalten, Günstlingswirtschaft, Diskriminierung und anderen Machtmissbrauch zum eigenen Nutzen, zur Unterdrückung legitimer abweichender Meinungen und zur Erlangung anderweitiger persönlicher Ziele“. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen eine kleine Anzahl ausländischer Führungskräfte - auch gegen Krähenbühl selbst.
Der Schweizer soll eine Affäre mit einer Kollegin gehabt haben, die nach einem „äußerst schnellen“ Auswahlverfahren 2015 auf einen ihm zugeordneten, neu geschaffenen Beraterposten kam. Auf diese Weise habe sie den UNRWA-Chef auf Business-Class-Flügen rund um die Welt begleiten können.
Israel sieht UNRWA als Teil des Problems
Israel rief zur Veröffentlichung aller Untersuchungsergebnisse auf. Das Außenministerium bekräftigte die Forderung nach einer grundlegenden Reform der Organisation. „Das Verhalten des UNRWA zeigt, dass die Organisation Teil des Problems und nicht Teil der Lösung ist“, sagte Außenminister Israel Katz. Die Organisation verewige das Flüchtlingsproblem und verhindere so jede Möglichkeit einer künftigen Lösung.
Das UNRWA war in eine Finanzkrise gerutscht, nachdem die USA im vergangenen Jahr entschieden hatten, ihre Zahlungen massiv zu kürzen. 2018 hatten die USA nur 60 Millionen Dollar (54 Millionen Euro) gezahlt. Im Jahr zuvor waren es noch 360 Millionen Dollar gewesen. Deutschland war 2018 als einzelnes Land der größte Geldgeber mit rund 177 Millionen Euro.
Die Vereinten Nationen hatten die Organisation 1949 gegründet, um palästinensischen Flüchtlingen zu helfen. Mittlerweile unterstützt sie mehr als 5,5 Millionen Palästinenser - Menschen, die 1948 flüchteten oder vertrieben wurden, sowie ihre Nachkommen. Das UNRWA ist unter anderem in Jordanien, im Libanon und in den Palästinensergebieten tätig. UNRWA hatte bis 1996 seinen Sitz in Wien und übersiedelte dann in den Nahen Osten (Gaza und Amman). (APA/dpa/AFP)