Gericht in Chile lässt Klage gegen Präsident Piñera zu
Ein Gericht in der chilenischen Hauptstadt Santiago hat eine Klage gegen Präsident Sebastián Piñera und weitere hochrangige Staatsbeamte zugelassen. Ihnen werde vorgeworfen, seit Beginn der Proteste in dem südamerikanischen Land vor knapp drei Wochen Verstöße gegen die Menschenrechte begangen zu haben, vermeldeten örtliche Medien am Mittwochabend.
Verfasst hatten die Klage demnach 16 Anwälte. Unter den Anklagepunkten befänden sich unter anderem Mord, Folter, sexueller Missbrauch und illegale Festnahmen von Demonstranten, berichtete der die Tageszeitung „La Tercera“. Ziel der Untersuchung sei es, Verantwortliche dafür auszumachen, sagte der Anwalt Óscar Castro dem Radiosender „Cooperativa“. Unter den Angeklagten sind den Angaben zufolge auch Ex-Innenminister Andrés Chadwick und Polizeichef Mario Rozas. Von der chilenischen Regierung habe es bisher keine Reaktion gegeben.
Die teilweise gewalttätigen Proteste in Santiago erfassen unterdessen zusehends auch die Stadtviertel der Reichen. Als die Polizei Hunderte Demonstranten am Mittwoch mit Tränengas und Wasserwerfern vom Einkaufszentrum Costanera Center fernhielt, zogen diese in das Bankenviertel Providencia. Die Demonstranten lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, legten Brände und plünderten Geschäfte und Banken.
„Die Zeit ist gekommen, weiter in den Osten zu gehen“, hieß es in einer Internet-Botschaft unter Hinweis auf die östlichen Stadtviertel der chilenischen Hauptstadt, die zu den reichen Stadtbezirken gehören. „Wir erleben ein Ausmaß der Gewalt und Zerstörung, das es vorher nicht gab“, sagte die Bürgermeisterin von Providencia, Eveyln Matthei. In dem ärmeren Stadtviertel Renca wurden fünf Polizisten verletzt, als eine Menschenmenge eine Polizeistation angriff.
Seit Wochen demonstrieren in Chile zahlreiche Menschen gegen die hohen Lebenshaltungskosten und die soziale Ungleichheit. Wiederholt kam es zu Gewalt und Vandalismus, Sicherheitskräfte gingen hart gegen Demonstranten vor. Mindestens 20 Menschen starben, fünf davon wurden nach Angaben des Nationalen Instituts für Menschenrechte (INDH) von Militärs oder Polizisten getötet.