Kritik am Iran nach Vorfall mit IAEA-Inspektorin
Die USA und die Europäische Union haben den Iran deutlich für einen Zwischenfall mit einer Inspektorin der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) kritisiert. „Wir rufen den Iran auf sicherzustellen, dass es in der Zukunft nicht mehr zu solchen Vorfällen kommt“, hieß es in einer EU-Erklärung vor dem Gouverneursrat der IAEA. Indes nahm der Iran am Donnerstag die Urananreicherung wieder auf.
Der Gouverneursrat war am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Die US-Botschafterin Jackie Wolcott bezeichnete den Vorfall als „ungeheuerliche Provokation“ und einen „nicht hinnehmbaren Akt der Einschüchterung“. Der Iran hatte in der vergangenen Woche nach eigenen Angaben einer IAEA-Inspektorin den Zutritt zur Atomanlage in Natanz verweigert, weil bei der Sicherheitsschleuse ein Sprengstoffdetektor angeschlagen habe. Der iranische IAEA-Botschafter Kazem Gharib Abadi betonte dazu am Donnerstag, die Inspektorin werde verdächtigt, versucht zu haben, Nitrat-basierten Sprengstoff in die Anlage zu schleusen.
Bei der Sondersitzung des IAEA-Gouverneursrates wurde auch über Vorwürfe diskutiert, dass der Iran sein Atomprogramm nicht vollständig deklariert haben könnte. Die IAEA habe Hinweise auf nicht deklariertes Nuklearmaterial im Iran gefunden, sagte Wolcott. Teheran habe bisher keine plausible Erklärung zu seiner Herkunft abgegeben. „Der Iran muss seinen Kontrollpflichten vollständig nachkommen und muss mit Blick auf dieses nukleare Material sofort und vollständig mit der IAEA kooperieren“, erklärte die Botschafterin.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu hatte die Wiener Nuklearbehörde 2018 auf ein Lagerhaus im iranischen Turquzabad aufmerksam gemacht. Nach Angaben Netanyahus haben Inspektoren der IAEA an diesem geheimen Standort ungeklärtes Nuklearmaterial gefunden.
Unterdessen nahm der Iran in einem weiteren Schritt zum Rückzug aus dem internationalen Atomabkommen die Urananreicherung in der Atomanlage Fordo offiziell wieder auf. Wie die iranische Atomenergiebehörde mitteilte, wurden in der unterirdischen Anlage südlich von Teheran die Zentrifugen am Donnerstag wieder in Betrieb genommen.
Die Ingenieure hätten „in den ersten Minuten des Donnerstags“ begonnen, Uranhexafluorid in die Zentrifugen zu leiten, teilte die iranische Atomenergiebehörde mit. Die Urananreicherung in Fordo war gemäß dem Atomabkommen von 2015 stillgelegt worden. Demnach darf der Iran die Urananreicherung in der unterirdischen Anlage eigentlich erst 2025 wieder aufnehmen.
Irans Präsident Hassan Rouhani hatte zuvor angekündigt, dass sein Land die Urananreicherung in Fordo wiederaufnehmen werde. Es handle sich um die „vierte Etappe“ des schrittweisen Rückzugs seines Landes aus dem Atomabkommen. Die Vertragspartner Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China reagierten besorgt auf diesen weiteren Schritt aus der Vereinbarung.
US-Außenminister Mike Pompeo rief die Staatengemeinschaft auf, den Druck auf Teheran zu erhöhen. Es bestehe die Sorge, dass sich der Iran die Option eines „raschen nuklearen Durchbruchs“ verschaffen wolle, erklärte er. Es sei nun an der Zeit, „die atomare Erpressung dieses Regimes zurückzuweisen und schwerwiegende Maßnahmen zu ergreifen, um den Druck zu erhöhen“.
Der Iran wird seit langem verdächtigt, nach Atomwaffen zu streben. Teheran hat dies stets bestritten und betont, sein Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. Im Zentrum des Streits steht die Urananreicherung, da hoch angereichertes Uran für Atomwaffen benötigt wird. Niedrig angereichertes Uran wird aber auch zur Energiegewinnung verwendet.
Das in Wien 2015 geschlossene Atomabkommen war international als wichtiger Schritt zur Entschärfung des jahrelangen Atomkonflikts mit dem Iran gefeiert worden. Im Mai 2018 verkündete US-Präsident Donald Trump jedoch den einseitigen Ausstieg seines Landes und verhängte im Zuge einer Politik des „maximalen Drucks“ scharfe neue Handels- und Finanzsanktionen.
Unterdessen begann eine US-geführte Marinemission mit Patrouillen zur Sicherung der Handelsschifffahrt in der Golfregion. Kriegsschiffe der an der Mission beteiligten Staaten sollen Tanker und andere Schiffe durch die Seestraße von Hormuz eskortieren, nachdem es dort im Sommer eine Reihe von Angriffen auf Tanker gegeben hatte, für welche die USA den Iran verantwortlich machen.