Zwei Lawinentote in Sölden, Lage auch heute kritisch
Tragödie im Ötztal: Zwei Niederländer sterben im freien Skiraum unter einem Schneebrett. Auch heute bleibt die Situation laut Lawinenwarndienst „kritisch“.
Von Marco Witting und Thomas Parth
Sölden – Es sollte eine entspannte Fahrt im Neuschnee werden. Abseits der Massen. Abseits der Pisten. Es endete in einer Tragödie. Zwei Variantenfahrer aus den Niederlanden starben gestern in Sölden unter einer Lawine.
Es ist der erste schwere Lawinenunfall des Jahres, der die Retter gestern mit voller Wucht traf. Kurz nach 12 Uhr surrten die Pieps-Geräte im Ötztal. Zwei Verschüttete abseits der Piste – so die Meldung. Binnen weniger Minuten waren die Einsatzkräfte dank der Pistenrettung vor Ort. Josef Fiegl, Ortsstellenleiter der Bergrettung Sölden, schildert es nach dem Einsatz so: „Es war sicher zum Aufpassen. Es sind gut 60 Zentimeter Neuschnee in der Nacht auf Samstag dazugekommen. Dazu der Wind, der den Schnee verfrachtet hat.“
Trotz guter Ausrüstung jede Hilfe zu spät
Gegen Mittag waren drei Urlauber aus den Niederlanden in den 35 Grad steilen Hang auf rund 2900 Metern Seehöhe eingefahren. Das Schneebrett löste sich und war 50 Meter breit. Die Schneemassen donnerten 300 Meter durch eine steile Rinne ins Tal und rissen das Trio mit. Ein 54-jähriger Freerider konnte aus der Lawine ausfahren. Seine zwei Begleiter, 33 und 39 Jahre alt, wurden im Bereich einer Eiswulst verschüttet. „Die beiden Opfer waren rund zwei bis drei Meter tief verschüttet“, erklärt Fiegl. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Zur Klärung der genauen Todesursache wurde eine Obduktion angeordnet.
Im Einsatz standen zwei Hubschrauber, zwei Hunde mit Hundeführern und insgesamt 60 Einsatzkräfte. Die beiden Toten waren gut ausgerüstet, LVS-Geräte und Airbags waren dabei. Dies sei aber nur ein Teil der Sicherheit. „Es gehören auch Erfahrung und Ortskenntnis dazu, um eine Einschätzung treffen zu können“, sagt Fiegl.
Frühes Unglück als „traurige Normalität“
Ein Lawinenunglück am 9. November. Besonders früh? „Nein“, sagt Rudi Mair, Chef des Lawinenwarndienstes. „Das ist leider traurige Normalität.“ Die Experten hatten schon Mitte der Woche ihren ersten Lagebericht erstellt und vor den Gefahren am Wochenende eingehend gewarnt. „Am Berg ist tiefster Winter. Das mag man zwar im Tal unten nicht ganz glauben, ist aber so“, sagt Mair. Und genau deshalb bleibt die Situation „kritisch“. Auch heute sei die Lage „nicht zu unterschätzen“.
2018 hatte es das erste Todesopfer am 13. Dezember in Tux gegeben. Die Anzahl der Unfälle und der Todesopfer im alpinen Raum ging in der Wintersaison 2018/19 leicht zurück. Während in der Saison davor 102 Personen in Österreich starben, waren es im Vergleichszeitraum im Winter 2018/2019, von 1. November bis 24. März, 93 Tote. Bei den Lawinentoten gab es hingegen einen Anstieg von 15 auf 19.