Deutlich niedrigere Beteiligung bei spanischer Parlamentswahl
Laut letzter Umfragen wird die „Sozialistische Arbeiterpartei“ (PSOE) des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sanchez wieder als Sieger aus der Abstimmung hervorgehen.
Madrid – Bei der vierten Parlamentswahl innerhalb von vier Jahren in Spanien macht sich offenbar Wahlmüdigkeit breit. Die Beteiligung lag bis 14.00 Uhr bei rund 38 Prozent, wie das Innenministerium am Sonntag mitteilte. Bei den vorausgegangenen Neuwahlen im April lag sie zum gleichen Zeitpunkt noch bei 41,5 Prozent. Umfragen lassen kein Ende des politischen Patts im Land erwarten.
Der seit Juni 2018 amtierende sozialistische Ministerpräsident Pedro Sanchez hat die Neuwahl ausgerufen, nachdem der Urnengang vom April keine Bewegung in die erstarrten Fronten zwischen den Parteien gebracht hatte. Eine niedrigere Wahlbeteiligung dürfte Beobachtern zufolge eher den Rechtsparteien nutzen, die auf Zugewinne hoffen dürfen.
Sanchez‘ sozialistische PSOE dürfte zwar wieder als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen, die absolute Mehrheit im 350 Mandate umfassenden Abgeordnetenhaus jedoch mit rund 120 Sitzen klar verfehlen. Auch gemeinsam mit dem Linksbündnis Unidas Podemos von Pablo Iglesias dürfte es laut Umfragen nicht reichen. Zur weiteren Zersplitterung des Parteienspektrums hat auch beigetragen, dass nun mit „Mas Pais“ auch eine Abspaltung von Podemos um Wählerstimmen wirbt.
Minderheitsregierung gilt als wahrscheinlich
Eine Große Koalition mit der wieder erstarkten konservativen Volkspartei (PP) von Pablo Casado hat Sanchez ausgeschlossen. Politische Beobachter halten es für möglich, dass es letztlich auf eine von der PSOE geführte Minderheitsregierung hinauslaufen könnte. Doch ist unklar, ob sich etwa die PP darauf einlassen würde und wie tragfähig eine solche politische Konstellation wäre. Zudem zeigten sich viele Wähler bis zuletzt unentschlossen, wo sie ihr Kreuz setzen sollen.
Viele Spanier sind angesichts der langjährigen politischen Blockade wahlmüde. Dies zeigt sich auch bei der Zahl der Briefwähler, die im Vergleich zum April laut Regierungsangaben um rund 27 Prozent zurückgegangen ist. Zum Rückzug der Wähler trägt auch bei, dass sie dieses Jahr auch schon bei Europa- und Regionalwahlen zur Urne gerufen wurden. Umfragen zufolge dürfte die am rechten politischen Rand angesiedelte Partei Vox von der Verdrossenheit der Spanier über die politische Lähmung des Landes profitieren und drittstärkste Kraft hinter PSOE und PP werden.
Die von dem baskischen Politiker Santiago Abascal geführte Ultrarechte redet einem starken Zentralstaat das Wort und profitiert davon, dass die Unabhängigkeitsbestrebungen in der Region Katalonien derzeit die Einheit der Nation auf eine harte Probe stellen: „Wir möchten einfach, dass das Katalonien-Problem aufhört und die nationale Einheit wiederhergestellt wird“, sagt eine 18-jährige Studentin, die ihr Kreuz nach eigenem Bekunden bei Vox machen wollte.
Zusätzliche Sicherheitskräfte für Katalonien
In Katalonien war es zuletzt immer wieder zu Großdemonstrationen und gewaltsamen Protesten gekommen, nachdem Haftstrafen für katalanische Separatisten verhängt wurden. Neun Mitglieder der Unabhängigkeitsbewegung waren zu neun bis 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im Oktober 2017 war bei einem vom Verfassungsgericht als illegal eingestuften Referendum eine Mehrheit für die Ablösung Kataloniens von Spanien zustande gekommen. Daraufhin wurden die Regierungsgeschäfte kommissarisch von Madrid übernommen und einige Separatistenführer verhaftet.
Für den Sonntag schickte Madrid zusätzlich 2500 Sicherheitskräfte nach Katalonien. Sie sollten dafür sorgen, dass die Wahl in der Region um die Metropole Barcelona nicht von Unabhängigkeitsbefürwortern gestört wird. Die jüngsten Fernsehbilder aus der Region mit brennenden Barrikaden dürften den Umfragen zufolge den rechten Parteien in die Hände spielen. Insgesamt wurden rund 92.000 Polizeikräfte in Spanien zur Sicherung der Wahlen abgestellt. Die Wahllokale schließen auf dem spanischen Festland um 20.00 MEZ, auf den Kanarischen Inseln um 21.00 Uhr MEZ. Nachwahlbefragungen dürften erste Trends aufzeigen. Die Stimmen werden voraussichtlich bis Mitternacht ausgezählt sein. (APA/Reuters)