Neue Kräfte für den „Riesen Haymon“ in Innsbruck
Seit 1. November hat die Wiltener Institution wieder geöffnet – mit einer Neupositionierung als „Stadtgasthaus“.
Innsbruck –„Ja, es spricht sich herum, vor allem im näheren Umfeld“, sagt Markus Schweiggl, neuer Pächter des Riesen Haymon – und meint damit die Tatsache, dass das traditionsreiche Wiltener Gasthaus „zurück“ ist. Im Sommer hatte es so ausgesehen, als müsse der „Riese“ dauerhaft zusperren, nachdem die bisherige Wirtin zunächst keinen Nachfolger gefunden hatte.
Doch dann meldete sich Schweiggl, gelernter Koch sowie Diplom-Fleisch- und Käsesommelier, und einigte sich mit Verpächtern und Vorpächtern über Miete bzw. Ablöse. Zweieinhalb Monate nach der vielbeklagten Schließung hat er den „Riesen“ am 1. November wieder aufgesperrt. „Das war ein idealer Eröffnungstag“, lacht er, „mit gleich drei Friedhöfen in der Nähe.“
Generell sei die Reservierungslage „eigentlich schon sehr gut“, erzählt Schweiggl. Er freut sich über Stammgäste, die dem Haus die Treue halten, möchte aber auch „eine eigene Klientel aufbauen“. Und zwar mit neuem Konzept: Der Riese Haymon nennt sich nunmehr „Stadtgasthaus“. Darunter versteht Schweiggl, der selbst in der Küche steht, „eine Kombination aus klassischem Wirtshaus mit Stuben zum Kartenspielen und geselligen Beisammensein und einem Restaurantbetrieb, der sich daran orientiert, was der Gast will“. Konkret setzt er – neben einer größeren Weinkarte, Bier und „Wellwasser“ aus Tirol – auf „modern interpretierte Klassiker“, nur nicht zu „altvatrisch“ soll es sein. Also stehen etwa Entenbrustfilet, gezopftes Kalbsnussschnitzel, Lammrücken „Dry Aged“ oder Polentaschnitte mit mediterranem Gemüse am Menüplan.
Das Problem vieler Tiroler Wirtshäuser sei, dass sie – im Gegensatz etwa zu italienischen, türkischen oder chinesischen Lokalen – „am Konsumenten vorbeiproduzieren“, glaubt Schweiggl – zumal „alle immer nur Schnitzel, Schweins- und Zwiebelrostbraten anbieten“. Für ihn – neben der schwierigen Mitarbeitersuche samt enormer Fluktuation oder der großen Zahl an Vereinslokalen mit eigener Bar – einer der Hauptgründe für das „Wirtshaussterben“. Bodenständigkeit ja, aber den Begriff „Tradition“ in dem Sinne, „dass man partout an alten Sachen festhält, ohne sich weiterzuentwickeln“, lehnt Schweiggl ab.
Über sich selbst meint der Neo-Wirt mit breitem Grinsen: „Man muss schon einen großen Vogel haben, um so etwas zu machen.“ Schließlich hat er einen sicheren Job als Einkaufsleiter bei einem großen Lebensmittelhändler im Oberland – mit regulären Arbeitszeiten – gekündigt. „Andererseits war es mein lebenslanger Traum, selbstständig zu werden. Jetzt, mit 52, bin ich endlich Jungunternehmer.“
Rund 200.000 Euro hat er in Küche, Schanktechnik und die Adaptierung der Stuben investiert. Dazu zählt auch die neue „Reinhold-Stube“, die Original-Karikaturen von Altbischof Reinhold Stecher zieren. Schweiggls verstorbener Onkel war nämlich Bischofssekretär. Die Neugestaltung des beliebten Gastgartens wiederum soll im Frühjahr ins Finale gehen. (md)