Iran beginnt mit Bau eines zweiten Atomkraftwerks in Bushehr

Der Iran hat mit dem Bau eines zweiten Atomkraftwerks in der Hafenstadt Bushehr am Persischen Golf begonnen. Das gab der Chef der nationalen Atombehörde und Vizepräsident Ali Akbar Salehi am Sonntag laut Nachrichtenagentur FARS bekannt. Das neue AKW soll einen 1.000-Megawatt-Reaktor haben und bis 2023 fertiggestellt sein.

Gleich danach wird der Iran Salehi zufolge mit dem Bau eines dritten AKWs beginnen, das dann bis 2025 in Betrieb genommen werden soll. Das Atomkraftwerk in Bushehr dient zivilen Zwecken und ist zur Energiegewinnung und -versorgung gedacht. Wegen der Zusammenarbeit mit Russland stand das erste AKW in Bushehr auch nie im internationalen Fokus, auch weil Russland für die Sicherheit und atomtechnischen Belange zuständig ist.

Der Iran hätte laut Salehi dann bis 2025 drei Atomkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 3.000 Megawatt. Die beiden neuen AKW sollen ebenfalls in Zusammenarbeit mit Russland gebaut werden, aber laut Salehi werden 90 Prozent der Experten Einheimische sein.

Nach mehr als vier Jahren nahm der Iran zudem die Urananreicherung in der unterirdischen Anlage Fordo südlich von Teheran wieder auf und verstieß damit erneut gegen das internationale Atomabkommen. Die Führung in Teheran will damit den Druck auf die nach dem Ausstieg der USA verbliebenen Vertragspartner erhöhen, ihren Verpflichtungen aus dem Atom-Deal nachzukommen.

Die iranischen Atombehörde (AEOI) drohte am Samstag zudem mit einem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag, sollte das Wiener Abkommen nicht vertragsgerecht umgesetzt werden. Der Iran hatte 1970 den internationalen Atomwaffensperrvertrag ratifiziert, der auf eine „friedliche Nutzung“ von Kernenergie zielt. Das Wiener Atomabkommen von 2015 sollte nach Zweifeln daran de facto verhindern, dass die Islamische Republik Nuklearwaffen entwickeln kann.

US-Generalstabschef Mark Milley sprach eine Warnung an den Iran aus. „Wir setzen unser Vertrauen in die diplomatischen Bemühungen, aber gleichzeitig werden wir sicherstellen, dass wir ein angemessenes Maß an militärischen Kapazitäten in der Region aufrechterhalten, um bei Bedarf amerikanische Interessen zu verteidigen“, sagte Milley.

Die USA waren Anfang Mai 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen und hatten Sanktionen gegen das Land verhängt. Die US-Regierung versucht mit einer Politik des „maximalen Drucks“, den Iran zu einer Neuverhandlung des Atomabkommens mit schärferen Auflagen zu bewegen. Die anderen Vertragspartner halten an dem Deal zwar noch fest, sind aber ohne die USA nicht in er Lage, ihn umzusetzen. Viele Unternehmen schrecken davor zurück, im Iran zu investieren. Teheran geht es besonders um die Aufhebung der US-Sanktionen, die das Land in eine Wirtschaftskrise gestürzt haben.

AEOI-Sprecher Behrouz Kamalvandi sagte, die Urananreicherung bis zu einem Grad von 4,5 Prozent habe begonnen. Zuvor war Mitte der Woche Uran-Gas in die 1044 Zentrifugen in Fordo eingeleitet worden. Laut Wiener Atomvertrag sollte Fordo nur für wissenschaftliche Projekte genutzt werden, die Zentrifugen dort durften ohne Einleitung von Gas lediglich getestet werden.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien sei über alle Schritte in Fordo in Kenntnis gesetzt worden, sagte Kamalvandi. IAEA-Inspektoren seien auch an Ort und Stelle präsent und überprüften den Prozess. Die iranische Atombehörde lud auch einheimische Medienvertreter nach Fordo ein, ausländische Journalisten durften hingegen nicht teilnehmen.

Westliche Geheimdienste haben der iranischen Führung mehrfach vorgeworfen, die unterirdische Atomanlage Fordo für militärische Zwecke zu nutzen. Daher war auch die Umwandlung der Anlage in ein Forschungszentrum einer der Kernpunkte bei den Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den fünf UNO-Vetomächten - China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA - sowie Deutschland.

Präsident Hassan Rouhani hatte es inakzeptabel genannt, dass ein Abkommen nur von einer Seite respektiert werde. Daher weist Teheran auch internationale Besorgnis und Kritik vehement zurück. „Haltet Euch an das Wiener Abkommen, dann tun wir das auch“, sagte Außenminister Mohammad Javad Zarif. Auch Rouhani betont, dass der Iran umgehend zu den Bestimmungen des Atom-Deals zurückkehren werde, sobald dieser vertragsgerecht umgesetzt sei.

Russland setzt ungeachtet der Wiederaufnahme der Urananreicherung in der iranischen Atomanlage Fordo weiter auf Dialog im Konflikt mit dem Westen. „Wir müssen der Diplomatie eine Chance geben“, sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow (Riabkow) am Samstag in Moskau der Agentur Tass zufolge. „Es gibt viele Ideen, und wenn es einen politischen Willen gibt, können sie auch umgesetzt werden.“ Was er konkret damit meinte, sagte Rjabkow nicht. Rjabkow sprach seinem Ministerium zufolge mit seinem iranischen Kollegen Abbas Araqchi in Moskau. Dabei sei es auch darum gegangen, wie eine weitere Eskalation der Lage verhindert werden könne. Moskau sei sich mit Teheran einig, dass es keine Maßnahmen geben dürfe, die für weitere Spannungen sorgen könnten, sagte Rjabkow.