Grüne gehen Koalitionsverhandlungen mit ÖVP einstimmig an

Die Grünen haben sich erwartungsgemäß für die Aufnahme formaler Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP entschieden. Das vielleicht überraschende war, dass Bundessprecher Werner Kogler am späten Sonntagnachmittag ein einstimmiges Votum im zuständigen Erweiterten Bundesvorstand (EBV) verkünden konnte. Die ÖVP berät diese Festlegung am Abend und wird ihre Koalitionsentscheidung am Montag bekanntgeben.

27 Personen waren im EBV stimmberechtigt und alle folgten dem Vorschlag Koglers, der nach den Sondierungen mit der ÖVP zumindest eine Basis für echte Verhandlungen geschaffen sieht. Freilich wurde der Bundessprecher nicht müde das offene Ende dieser Gespräche zu betonen: „Wie das ausgeht, wissen wir nicht.“

Dabei waren heute selbst jene, die im EBV gar nicht stimmberechtigt waren, durchaus zuversichtlich. Der Neo-Abgeordnete Michel Reimon, der sich noch vor wenigen Tagen über vermeintlich mangelnde Verschwiegenheit der ÖVP geärgert hatte, betonte gegenüber der APA ausdrücklich, für die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen eingetreten zu sein. Die Chancen für einen positiven Abschluss sieht er bei etwas über 50 Prozent.

Auch Sigrid Maurer, der von der ÖVP früher nicht nur charmante Worte entgegengebracht wurden, äußerte im APA-Gespräch ihr Wohlwollen gegenüber den anstehenden Gesprächen. Am Distanziertesten gab sich noch die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein, die gefragt zu ihrer Einschätzung der Verhandlungen meinte: „Es wird hart.“

Dass die Verhandlungen, die in einigen Tagen beginnen sollen, kein Selbstläufer werden, sieht auch Kogler so: „Das ist natürlich ein Wagnis, aber wir wollen den Schritt wagen.“ Auch für die Vertreter der reinen Lehre hatte der Bundessprecher eine Mahnung parat: Eine allfällige Zusammenarbeit würde viele Kompromisse benötigen. Diese dürften dann nicht denunziert werden.

Aber auch für die ÖVP hatte Kogler nach dem rund vierstündigen EBV eine Botschaft mitgebracht. Beim letzten Versuch einer Zusammenarbeit 2003 sei versucht worden, eine schwarz-blaue Politik mit grünem Mascherl zu gestalten. Daher sei man damals aufgestanden und würde das nun auch wieder tun, sollte sich das damalige Geschehen wiederholen.

Zunächst blickt Kogler aber positiv den Verhandlungen entgegen, alleine weil die Alternative eine türkis-blaue Koalition sein könnte. Dieser stellte er Türkis-Grün entgegen, eine Zusammenarbeit, die die Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie bringen könnte, ebenso ein Informationsfreiheitsgesetz oder Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut. Schließlich würde mit den Grünen in der Regierung auch eine pro-europäische Orientierung Österreichs sicher gestellt.

Jene Ländervertreter, die bereits mit der ÖVP regieren, zeigten sich von den anstehenden Verhandlungen durchaus angetan, betonten aber, dass die Dinge nicht vergleichbar seien. Schließlich sei die Landesebene weniger ideologisch aufgeladen, meinte etwa der oberösterreichische Grünen-Landesrat Rudi Anschober. Von einer „anderen Liga“ sprach auch der Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch. Er meint aber, dass man durchaus Erfahrungen aus den Ländern wie etwa das Vorarlberger Mindestsicherungsmodell für den Bund übernehmen könnte.

Dass die ÖVP zu Verhandlungen Nein sagt, gilt als so gut wie ausgeschlossen. Parteichef Sebastian Kurz berät sich am Sonntagabend noch mit den Parteigranden und wird aller Voraussicht nach Montagvormittag seine Entscheidung für die Verhandlungen mit den Grünen kundtun. Die FPÖ reagierte auf die Entwicklungen mit panischen Worten: Die Idee eines freien und sicheren Österreichs sei gestorben, meinte Generalsekretär Christian Hafenecker. Gleichzeitig warf er den Grünen Anbiederung vor.