Laien als seelische Nahversorger in Tirol: Mehr als das Salz in der Suppe
Seit der Amazonas-Synode bewegt sich viel in der katholischen Kirche. Laien, vor allem Frauen, sind bei uns längst seelische Nahversorger.
Von Alexandra Plank
Innsbruck — Der Amazonas-Regenwald ist Tausende Kilometer von Matrei am Brenner entfernt. Dennoch waren beim Priesterrat im örtlichen Bildungshaus St. Michael diese Woche auch jene Fragen ein Thema, die bei der Synode erörtert wurden. Neben dem Umweltschutz drängte sich eine andere Herausforderung auf: Wie kann der Priestermangel bewältigt werden?
Eine Frage, die auch die Katholiken in Tirol umtreibt. Klaus Heidegger, Vorsitzender der Katholischen Aktion, sagt, dass Laien, vor allem Frauen, schon sehr viel Verantwortung in der Kirche übernehmen. Es brauche aber noch mehr Mut: „Es ist möglich, Brot zu segnen, zu teilen und gemeinsam zu essen, das tun wir in der Schulgemeinschaft, dafür braucht es keinen Priester."
Der Religionslehrer drängt darauf, dass die Eucharistiefeier näher zu den Menschen rückt. Er verweist auf den Theologen Paul Zulehner, der in der TT sagte, es brauche bewährte Personen, damit der Hunger nach der Eucharistie gestillt werde. Die Benachteiligung der Frauen aufzulösen, hält Heidegger auch für zentral. „Ein Pfarrkurator kann sich zum Diakon weihen lassen, anders die Pfarrkuratorin." Ihr bleibe der Weg zum Diakonat verwehrt. Eine „femina probata" werde auch nicht überlegt. Laut Heidegger zementiert das Konzept von „viri probati" die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der Ämterfrage ein.
Im Seelsorgeraum Westliches Mittelgebirge ist eine Gruppe von Frauen für die Gestaltung des Wortgottesdienstes zuständig. Monatlich wird in jeder Pfarre ein solcher gefeiert.
Inge Wolf, Pfarrkirchenrätin, sagt, dass es gut wäre, wenn die Laien noch mehr tun dürften. „Wir wollen keine Konkurrenz zum Priester sein, aber es wäre ein wichtiger und richtiger Schritt, wenn die Frauen — wie die Männer — zu Diakonen geweiht würden." Sie gibt an, dass das ja auch in der evangelischen Kirche möglich sei. Auch verheiratete Priester wären wichtig: „Die hätten die gleichen Probleme, die viele Paare haben."
Unlängst fiel der Wortgottesdienst just auf den Tag des Kriegergedenkens. Der Mittelgang der kleinen Kirche war voller Schützen, die Frauen leiteten die Feier mit Umsicht und Würde.
Chorleiterin und Lektorin Roswitha Haselwanter sagt zur Reaktion der Pfarrgemeinde: „Die ist durchwegs positiv." Es sei spannend, wenn Laien, die mitten im Beruf, in der Familie stehen und in Vereinen aktiv sind, auf ihre Art und aus ihren Lebenserfahrungen heraus versuchen, liturgische Texte mit alltagstauglichen Worten zu erklären. Sie fühle sich im Seelsorgeraum stark durch die Kirche unterstützt und wertgeschätzt. Der Wortgottesdienst werde immer mit Kommunion gefeiert, die Hostien am Sonntag vorher vom Priester geweiht, dann von den Kommunionhelfern verteilt.
Ein geweihtes Amt zu bekleiden, könnte sich Haselwanter vielleicht vorstellen, wenn sie jünger wäre. „Ich bin gerne für Menschen da, besonders gerne singe und feiere ich mit ihnen und spreche zu ihnen über Gott, weil er das zentrale Thema in meinem Leben ist."
Für sie sei nicht ausschlaggebend, ob das Zölibat falle oder das Frauenpriestertum zugelassen werde. „Alle Formen sollten möglich sein, wenn Gott das will." Entscheidend sei, dass Menschen aufmerksam hinhören, dass sie spüren, wenn eine Berufung für den Dienst in der Kirche an sie ergeht. Sie sollten sich dann mit Liebe und Begeisterung der Sache stellen, betont Haselwanter.
Michaela Maurer ist Pfarrkuratorin von Tumpen im Ötztal. Sie hat eine Ausbildung zur Begräbnisbegleiterin gemacht, im Notfall dürfe sie ein Begräbnis leiten. „Wenn der Pfarrer verhindert ist", erzählt sie. Mit weiteren Ötztalern konnte sie die Ausbildung im Tal machen. „Frauen sollten in der Kirche viel mehr tun dürfen, sie haben einen anderen Zugang. Wir begleiten die Menschen in ihrer Trauer. Da geht es oft darum, dass man jemanden in den Arm nimmt." Der Wortgottesdienst finde stets mit dem Verteilen geweihter Hostien statt. „Die Kommunion ist sehr wichtig, sonst kommt nur die Hälfte der Leute."
Ältere Menschen würden es sich oft furchtbar vorstellen, wenn der Pfarrer fehlt. „Anfangs dachten wir, sie mögen uns nicht, aber sie hören nur schlecht, bei der Messe mit Pfarrer wussten sie, was kommt." Jetzt seien sie beim Wortgottesdienst umso aufmerksamer.
In vielen Tiroler Pfarren gilt: Die Laien sind nicht nur das Salz in der Suppe, sondern die Suppe. Und der Pfarrer? „Der Schnittlauch", witzelt ein Laie. Humor schadet nie, auch nicht der Kirche.
Zahlen & Fakten Laien in der Diözese
Gläubige Aktuell leben in der Diözese Innsbruck mit 290 Pfarren und Seelsorgestellen rund 378.000 Katholiken. 2004 hat man sich für die Einrichtung von Seelsorgeräumen, in denen mehrere Pfarren zusammenarbeiten, entschieden. Knapp 90 Prozent sind bereits errichtet.
Wahlen 2017 fanden Pfarrgemeinderatswahlen statt. 3400 Pfarrgemeinderäte und 1200 Pfarrkirchenräte sind aktiv. Durchschnittsalter: 44,9 Jahre.
Geschlechter Im Pfarrgemeinderat sind 57 % Frauen (2012: 55,9 %) und 43 % Männer (2012: 44,7%).