Neue Welle der Gewalt in Hongkong
Bei einer neuen Welle der Gewalt in Hongkong ist es in der Nacht auf Montag erneut zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Bei der Belagerung der Polytechnischen Universität war die Lage eskaliert. 38 Menschen wurden verletzt. Eine unbekannte Zahl an Aktivisten wurde festgenommen. Indes wurde das Vermummungsverbot für „verfassungswidrig“ erklärt.
„Die Beschränkungen, die das Verbot für die Grundrechte impliziert, gehen weiter als notwendig“, teilte das Oberste Gericht der chinesischen Sonderverwaltungszone mit. Angesichts der Massenproteste hatte die Regierung Hongkongs Anfang Oktober auf ein Notstandsgesetz aus der britischen Kolonialzeit zurückgegriffen und ein Vermummungsverbot verhängt.
Montagfrüh herrschte zunächst angespannte Ruhe in Hongkong. Trotzdem versammelten sich bereits erneut vermummte und schwarz gekleidete Demonstranten auf den Straßen der chinesischen Sonderverwaltungsregion, die Straßensperren bauten und Steine auf Autos warfen, wie es in Medienberichten hieß. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften wurde mobilisiert.
Bei der Belagerung der Polytechnischen Universität war die Lage in der Nacht eskaliert, als radikale Aktivisten Brandsätze warfen und Feuer legten. Die Polizei unternahm nach Medienberichten am frühen Morgen einen Versuch, auf das Gelände vorzudringen. Die Aktivisten hätten aber ein großes Feuer entzündet, um die Polizei abzuwehren, berichtete die „South China Morning Post“.
Einem Teil der Demonstranten sei es später gelungen, trotz des Einsatzes von Tränengas durch die Polizei das Gelände zu verlassen und zu flüchten, während sich andere in die Universität zurückgezogen hätten. „Die Konfrontation ist vorerst ausgesetzt“, sagte der demokratische Abgeordnete Ted Hui, der seit Sonntag mit den Studenten ausharrte, am Morgen der Zeitung. „Die Polizei kann nicht reinkommen, aber die Demonstranten können auch nicht raus.“
Die Polizei bestritt, das Gelände „gestürmt“ zu haben. Eine Erklärung sprach gleichwohl von einem anhaltenden Einsatz, um Demonstrationen aufzulösen und Demonstranten festzunehmen. „Aufrührer, die sich auf dem Gelände versammelt haben, legten Feuer und richteten schwere Schäden an“, teilte die Polizei mit. „Explosivstoffe, brennbare Materialien und gefährliche Güter stellen dort auch eine Gefahr für alle dar.“ Die Polizei fordere alle auf, das Universitätsgelände zu verlassen.
Die Hochschulen der Finanz- und Wirtschaftsmetropole hatten sich vergangene Woche zu einem neuen Brennpunkt der seit fünf Monaten anhaltenden Proteste entwickelt. Seit Sonntag wurden nach Angaben der Behörden 38 Menschen verletzt, davon fünf schwer.
Allein im Stadtviertel Tsim Sha Tsui wurden rund 100 Personen festgenommen, berichtete die „South China Morning Post“. Die Polizei habe mitgeteilt, sie seien von der Polytechnischen Universität geflüchtet, hätten Straßen blockiert oder sich illegalerweise versammelt.
Die Proteste richten sich gegen die Regierung, harsches Vorgehen der Polizei sowie den wachsenden Einfluss der kommunistischen Pekinger Führung. Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger genießen - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik viele Rechte wie Versammlungs- oder Meinungsfreiheit, um die sie jetzt aber fürchten.
Der bekannte Wortführer der Proteste, Joshua Wong, verteidigte Gewalt von Demonstranten. „Mit rein friedlichem Protest werden wir unser Ziel nicht erreichen“, sagte Wong der „Süddeutschen Zeitung“. „Allein mit Gewalt allerdings auch nicht. Wir brauchen beides.“