„Jim Knopf“: Die Befreiung der chinesischen Prinzessin
Das Kinderstück „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ nach Michael Ende feierte in den Kammerspielen Premiere.
Von Gerlinde Tamerl
Innsbruck –Nepomuk ist unglücklich, sein Vulkan, in dem er haust, ist erloschen, weswegen er schlecht gelaunt aus seinem Krater auftaucht. Dem Schauspieler Hans Danner in seiner Rolle als Drache fliegen dank seiner herrlichen Mimik und seines Fatsuit-Kostüms sofort alle Kinderherzen zu. So leichtes Spiel hatten nicht alle Schauspieler des Stücks „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, das am Samstag in den Kammerspielen Premiere feierte.
Jim Knopf (Philipp Rosenthal) und Lukas, der Lokomotivführer (Jan Schreiber), mussten große Teile der erzählerischen Passagen bewältigen, ohne dabei die Aufmerksamkeit der Kinderschar aus den Augen zu verlieren. Es gelang ihnen aber mit Leichtigkeit, gleich zwei Geschichten auf einmal zu vermitteln, einerseits die Befreiung der chinesischen Prinzessin Li Si, andererseits die Identitätssuche des jungen Jim Knopf, der als Baby in einem Karton auf die Insel Lummerland geschickt und damit nicht von seiner leiblichen Mutter großgezogen wurde. Jim und Lukas müssen außerdem ihre Heimat, die kleine Insel Lummerland, verlassen, weil es dort für sie, vor allem aber für die Lokomotive Emma nicht genug Platz gibt. Also brechen sie auf ins Ungewisse.
Die textlastigen Dialoge erforderten viel Aufmerksamkeit von den Kindern, erstaunlich selten jedoch müssen erwachsene Begleiter Erklärungen als Gedankenstütze zuflüstern. Das zauberhafte Bühnenbild von Helfried Lauckner bietet Abwechslung und fesselt das junge Publikum immer wieder aufs Neue: etwa wenn Emma, die Lokomotive, in ein Schiff umfunktioniert wird, eine große Landkarte erscheint oder sich die Kulisse in einen chinesischen Palast verwandelt. Gesungen wird aber erst gegen Ende, das ist schade, denn die Kinder lieben die Musik, und gewiss hätten sie auch den knuffigen Nepomuk gern noch öfters gesehen.
Trotzdem ist dieses Stück unter der Regie von Thomas Krauß sehenswert, auch weil es kindgerecht ernste Themen aufgreift, zum Beispiel die Frage nach der eigenen Herkunft oder dem Wert von Freundschaft, ohne dabei humorlos oder übertrieben moralisch zu erscheinen. Für Erwachsene ist dieses Stück lehrreich, weil es zeigt, dass kindliche Konzentrationsfähigkeit nie unterschätzt werden sollte.
Am Schluss applaudierte das junge Publikum ausgiebig. Ein kleines Mädchen schwärmt danach von einzelnen Details, dem langen Zopf der Prinzessin etwa. Theaterbesuche schärfen also die Wahrnehmung, und selbst kleine Details können dabei großen Eindruck hinterlassen.